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die weichen Haare des Fells vor allem der Schafe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wolle bezeichnet die Fasern vom Fell des Hausschafes sowie die spinnfähigen Haare anderer Säugetiere (z. B. Kaschmirziege, Alpaka und Angorakaninchen). Letztere werden häufig mit einem tierspezifischen Vorsatz versehen (z. B. Angora-Wolle) oder als „Haar“ (z. B. Kamelhaar) bezeichnet.[1]
Wolle | |
---|---|
Fasertyp |
tierische Naturfaser |
Herkunft |
von Schaf, Alpaka, Lama, Kamel, Kaschmirziege, Angoraziege, Angorakaninchen, Vikunja, Yak, Guanako, Kaschgoraziege, Biber, Fischotter[1] |
Farbe |
meist weiß, braun, grau und schwarz |
Eigenschaften | |
Faserlänge | 55–300 mm[2] |
Faserdurchmesser | 20–50 µm[3] |
Dichte | 1,32 g/cm³ |
Zugfestigkeit | 130–210 N/mm²[4] |
Bruchdehnung | 28–48 %[4] |
Wasseraufnahme | < 33 % |
Chemische Beständigkeit | gute Säurebeständigkeit, schlechte Laugenbeständigkeit[5] |
Entflammbarkeit | schwer entflammbar[6] |
Produkte | Textilien; Dämmmaterial |
Wolle ist ein nachwachsender Rohstoff, der seit dem 4. vorchristlichen Jahrtausend verwendet wird und bis heute trotz Kunstfasern und Baumwolle in der internationalen Wirtschaft eine große Bedeutung besitzt.[7]
Das Wort für Wolle hat in den meisten Untergruppen der indogermanischen Sprachfamilie Entsprechungen, die auf eine gemeinsame Vorform zurückgehen (rekonstruiert als uridg. *h₂wĺ̥h₁-neh₂-), z. B. in den germanischen Sprachen Englisch, Niederländisch, Schwedisch, Isländisch, aber auch in baltischen Sprachen (litauisch vìlna) oder im Keltischen (walis. gwlân). Auch lateinisch lāna (in den romanischen Sprachen fortgesetzt z. B. als span. lana, frz. laine, port. lã oder rum. lână) gehört hierher (aus älterem *wlānā). Beispiele für Kognaten in älteren Sprachen sind Altnordisch (ull), Hethitisch (hulana) und Altindisch (ūrna).[8] Noch nicht geklärt ist die mögliche Verwandtschaft mit lat. vellus „(Schaf-)Wolle; Schaffell, Vlies; Fell, Haut“ und vellere „rupfen“, das vermutlich in die Zeit zurückweist, als Wolle noch nicht geschoren, sondern ausgerauft wurde.[9]
Die Tatsache, dass wir für die indogermanische Ursprache das Wort für „Wolle“ erschließen können, gibt unter der Voraussetzung einer ausreichenden Datierung für das Auftreten des Wollschafes einen entscheidenden Hinweis für deren Alter, und indirekt auch für die indogermanische Urheimat.[10]
Wolle im engeren Sinne ist ein besonderer Haartyp bei Hausschafen, der in einem langen Prozess züchterischer Veränderungen aus dem Haarkleid der Wildschafe entstanden ist. In Europa hat sich die Wollnutzung des Schafes spätestens im Übergang zur Bronzezeit endgültig durchgesetzt, nachdem zuvor ausschließlich Pflanzenfasern, vor allem die Flachsfaser, zur Textilherstellung verwendet worden waren, wie Funde der neolithischen Seesiedlungen der Schweiz aus dem 4. und 3. vorchristlichen Jahrtausend belegen.[11]
Die Entwicklung des Haarkleides vom Haarschaf (Wildtyp) zum Wollschaf erfolgte in einem langen Selektionsprozess mit folgenden Schritten:[12]
Die vorgeschichtlichen Menschen, die Schaffelle zur Kleidung nutzten, lernten möglicherweise im Neolithikum nach und nach, daraus Garn und Gewebe aus den Fellhaaren herzustellen. Die selektiv züchterische Schafhaltung eliminierte dann nach und nach die langen und groben Haare der schützenden äußeren Deckschicht, so dass schließlich ein Fell entstand, das nur noch aus dem weichen, isolierenden Vlies der ehemaligen Unterschicht mit ihren feinen Wollfasern bestand.[13]
Als ältestes Gebiet der Wollnutzung wird Vorderasien angesehen.[14] Es scheint, dass sich erst im Laufe des 6. und 5. vorchristlichen Jahrtausends auf züchterische Weise ein Vlies herausgebildet hat und noch lange Zeit Haar- und Wollschafe nebeneinander existierten. In Mesopotamien mehren sich jetzt die Hinweise für das Vorkommen von Wollschafen, vor allem in Bildwerken Mesopotamiens. Im 4. vorchristlichen Jahrtausend war dann die Wollnutzung des Schafes auch außerhalb Mesopotamiens bekannt, wie Textilreste aus der Höhle von Nahal Mishmar in Palästina belegen. Strittig ist die Interpretation als Wollschaf auf einer sehr alten Tonstatuette vom Tepe Sarab in West-Iran (Kermanschah-Tal). Im 3. vorchristlichen Jahrtausend führen Sumerische Urkunden Wolle und Milch als wichtigste Erzeugnisse der Schafhaltung an. Wolle stellt zu dieser Zeit eine eigenständige Nutzungsrichtung der vorderasiatischen Schafhaltung dar.
Über die Anfänge der Wollgewinnung und -verarbeitung in Europa[15] weiß man nur wenig, da sich Wolle als organisches Material mit Ausnahme der Feuchtbodenfunde in Seesiedlungen unter europäischen Klimabedingungen nicht lange im Boden hält. Es stehen hier somit nur archäozoologische Befunde zur Verfügung, die sich vor allem auf den neu auftauchenden markanten Größenunterschied der Skelettreste von Schafen beziehen verglichen mit den bisherigen Schafrassen. Zuerst gilt dies für die Funde im Karpatenbecken im Zeitraum der späten Badener Kultur.
Im Gegensatz zum Schaf hat das Haarkleid der Ziegen nur wenige züchterische Veränderungen bei der Wollnutzung erfahren. Lediglich die Angoraziege bildet eine Ausnahme. Ihr Vlies ähnelt dem des Wollschafes. Allerdings stellt Kaschmirwolle lediglich Unterwolle dar, die den Ziegen beim Wollwechsel ausgekämmt wird, und das Haarkleid der Kaschmirziege ist gegenüber der Stammform Bezoarziege nur wenig verändert. Über die Anfänge der Gewinnung und Verarbeitung von Ziegenwolle ist indes wenig bekannt.
Von den vorderasiatischen Entstehungsgebieten breitete sich die Wolltechnologie auch weiter nach Asien und den Osten Afrikas aus, insbesondere der Iran und Ägypten wurden schon bald nach dem ersten Auftreten in Vorderasien von der neuen Technologie erreicht.
Vor allem für England hat die Wollproduktion und -verarbeitung seit dem späten Mittelalter, teilweise in Konkurrenz mit Flandern, immer wieder große Bedeutung gehabt. Flüchtlinge aus den Niederlanden, die vor der dortigen religiösen Unterdrückung durch die Spanier geflohen waren, brachten neue Wolltechnologien nach England mit, insbesondere die Kammgarnherstellung, und machten so die ohnehin bedeutende Wollindustrie Englands zur wichtigsten Europas. Schon die Tatsache, dass der Lordkanzler (bzw. seit 2006 der Lord Speaker), der dem britischen Oberhaus vorsitzt, dies auf dem Woolsack tut, veranschaulicht die frühe Bedeutung der Wollindustrie. Unter der Regierung von Heinrich VII. begann sich ab 1485 die Wirtschaft nach den Schrecken der Pestepidemie in England wieder zu erholen, und zwar vor allem auf der Grundlage von Woll- und Textilproduktion und dem Handel und Export mit Wollprodukten. Diese Bedeutung hielt auch später an, und zeitweise war die Wollindustrie in England die einzig wichtige. Während Wollprodukte exportiert wurden, mussten Nahrungsmittel importiert werden, auch weil große Agrarflächen durch den wohlhabenden Adel als Schafweiden genutzt wurden. Dies führte zu starken sozialen Spannungen und beförderte auch ökonomisch die Hierarchisierung der englischen Gesellschaft. Da die Wollwirtschaft den Aufstieg Einzelner begünstigte, blieb die englische Gesellschaft andererseits flexibler als die übrigen europäischen Gesellschaften. Neue maschinelle Spinn- und Webtechnologien im 18. und 19. Jahrhundert führten dann analog zur Baumwollverarbeitung – in Verbindung mit dem stark ansteigenden Import von Wolle aus den Kolonien, insbesondere aus Australien (1851: 30 Millionen Pfund) – zu neuen sozialen Verwerfungen und zum Aufstieg der Trade Unions.[26]
Religionsgeschichtlich hat Wolle ganz unterschiedliche, ja gegensätzliche symbolische Bedeutungen angenommen. Einerseits stand die durch ihre Saugfähigkeit bedingte reinigende Kraft im Vordergrund und machte Wollstoffe zum bevorzugten Material bei Opfer und Kult. In diesem Zusammenhang wurden ihr auch schützende Fähigkeiten zugeschrieben, die Kraft, Unheil abzuwenden.
Andererseits galt sie auch als unrein, so im alten Ägypten, bei den Orphikern und Pythagoreern, und Priester durften keine wollenen Gewänder tragen. Andererseits konnte das Weiß der Wolle im Judentum als Bild der Unschuld dienen (Jes. 1,18, Ps. 147,16). Lämmer und Widder dienten als Opfertiere.[27]
Im Mittelalter war Wolle dann in Mönchsgemeinschaften der bevorzugte Stoff für die einfachen Kutten. Das gilt auch im Islam, wo die Sufis möglicherweise sogar nach dem arabischen Wort für Wollstoff suf heißen. (Es gibt aber noch mindestens drei weitere Erklärungen.)[28]
Der Wollgewinnung dienen Schafe (siehe auch Schafwolle), Kaschmirziegen (Kaschmirwolle) und Angoraziegen (Mohair), Angorakaninchen (Angora), Kamele (Kamelhaar) und Kleinkamele wie Alpakas, Lamas und Vikunjas, Moschusochsen (Quiviut) und Yaks (Yakwolle).
Zur Wollgewinnung werden die Tiere geschoren (Schurwolle) oder ausgekämmt, einige Schafrassen (Soay) werden gezupft. Die unbearbeitete Wolle direkt nach der Schur wird als Schweißwolle bezeichnet.
Bereits die Vorfahren der Inkas fertigten feinste Garne aus der Wolle der südamerikanischen Alpakas und der noch selteneren frei lebenden Vikunjas. Auch heute noch gilt Alpaka als ein besonders hochwertiges Garn.
Zuerst wird die Wolle gewaschen, kardiert und/oder gekämmt, eventuell gebleicht und/oder gefärbt und zu Streichgarn oder Kammgarn versponnen. Dabei wird die zu spinnende Wolle mittels hochpräziser elektronisch gesteuerter Spinnmaschinen in einen langen dünnen Faden (Garn) gesponnen. Dieses lässt sich zu Stoffen weben, zum Stricken (Strickwaren) und Wirkwaren verwenden oder es wird von Hand oder maschinell zu Teppichen geknüpft.
Zusätzliche Eigenschaften erhält die Wolle durch das sogenannte Ausrüsten, beispielsweise den Schutz vor Mottenfraß (eulanisieren), Filzfreiheit (Hercosett-Verfahren, EXP-Verfahren), Maschinenwaschbarkeit (Superwash) und anderes.
Aus nicht für Textilien einsetzbare Wolle werden zudem Düngepellets für die Landwirtschaft hergestellt.[33]
Die Bezeichnungen Schurwolle oder Reine Schurwolle besagen, dass es sich um neue, unmittelbar von einem lebenden Tier stammende Wolle, und nicht um ein wieder verwendetes, also aus Alttextilien hergestelltes Recyclingprodukt wie Reißwolle oder um die aus den Fellen geschlachteter (Schwöde-, Schwitz- oder Gerberwolle) oder verendeter (Sterblingswolle) Tiere gewonnene Wolle handelt.
Schafwolle:
Quiviut:
Die Unterwolle des Moschusochsen heißt Quiviut und ist schwer zu verspinnen, da die Haarlängen gering sind. Verarbeitet ist sie eine sehr hochwertige Wolle.
Wolle von Ziegen:
Alpakawolle:
Wolle des Alpakas hält die Wärme fünfmal besser als Schafwollgarne. Durch mikroskopisch kleine Lufttaschen hält es besser warm als fast alle anderen tierischen Fasern. Alpaka enthält kein Lanolin und ist daher für Wollallergiker geeignet. Alpakawolle gibt es in verschiedenen Tönungen von reinweiß über beige zu allen Braun- und Rotbrauntönen bis hin zu Grauabstufungen und tiefschwarz. („Alpaka“ oder Reißwolle siehe weiter oben).
Angorawolle:
Die Haare des Angorakaninchens sind feiner als die des Schafes. Angorawolle ist besonders weich und kaum gekräuselt.
Merino-Possum-Wolle:
Ebenfalls durch sehr geringes Gewicht und außergewöhnlich gute Isolationsfähigkeit zeichnet sich Merino-Possum-Wolle aus. Sie wird vor allem in Neuseeland hergestellt und verwendet. Die Produktion dieser Mischung hilft mit, die Bestände der unerwünscht zahlreichen, die einheimische Flora und Fauna gefährdenden Fuchskusus (einer Possum Art) zu verringern.
Weltweit werden in fast 100 Ländern rund 2,2 Millionen Tonnen Wolle jährlich produziert, das meiste davon in Australien, gefolgt von China, Neuseeland, Argentinien, Indien, Großbritannien und Nordirland mit mehr als 50.000 Tonnen pro Jahr (FAO 2009). In Deutschland beträgt die Schafwollproduktion rund 8000 Tonnen. Deutsche Wolle hat auf dem Weltmarkt jedoch einen schweren Stand, gegenüber Neuseeland mit seinen hochweißen, feinen Qualitäten können hiesige Erzeuger preislich und qualitativ nur schlecht konkurrieren.[34] Ein Großteil der Wolle wird in der Bekleidungsindustrie weiterverarbeitet, gröbere Fraktionen werden für Bettwaren, Polsterungen, Teppiche und Düngepellets verwendet.
Das Wollsiegel, englisch: Woolmark, ist ein Gütezeichen für Erzeugnisse aus reiner Schurwolle und eine Standardisierung bei der Qualitätskennzeichnung der Textilien.
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