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Kriminalfilm-Reihe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Tatort ist eine Kriminalfilm-Reihe, deren Ausstrahlung 1970 im westdeutschen Fernsehen begann. Ursprünglich als Produktion des Deutschen Fernsehens gestartet, ist sie nunmehr eine Gemeinschaftsproduktion von ARD, ORF und SRF. Bislang erschienen über 1200 Tatort-Filme. Jeder Film erzählt in der Regel eine in sich abgeschlossene Geschichte, in der wechselnd und wiederkehrend ein Ermittler oder ein Team aus Ermittlern in einem Kriminalfall an deutschen, schweizerischen oder österreichischen, meist großstädtischen Schauplätzen ermittelt.
Fernsehserie | |
Titel | Tatort |
---|---|
Produktionsland | Deutschland (seit 1970) Österreich (seit 1971) Schweiz (1990–2001, seit 2011) |
Originalsprache | Deutsch, Schweizerdeutsch |
Genre | Kriminalfilm |
Erscheinungsjahre | seit 1970 |
Länge | 90 Minuten |
Episoden | in Gemeinschaftsproduktion: 1286, exklusiv für ORF: 13[1] (Liste) |
Titelmusik | Klaus Doldinger |
Idee | Gunther Witte |
Erstausstrahlung | 29. Nov. 1970 auf Deutsches Fernsehen (heute Das Erste) |
→ Besetzung |
In den ersten Jahren erschien durchschnittlich ein neuer Film pro Monat. Ab den frühen 1990er Jahren erhöhte sich die Häufigkeit der Erstsendungen und liegt mittlerweile bei etwa 35 pro Jahr mit einem Rekord von 40 neuen Folgen im Jahr 2015. Ein neuer Teil wird in der Regel sonntags zur Hauptsendezeit im Ersten, im ORF 2 und im SRF 1 erstmals gezeigt.
Tatort ist die langlebigste und – mit teils über 10 Millionen Zuschauern bei der Erstausstrahlung – beliebteste Krimireihe im deutschsprachigen Raum. Etliche Filme aus der Reihe erhielten Nominierungen und Prämierungen für bekannte Film- und Fernsehpreise, darunter den Grimme-Preis, den Deutschen Fernsehpreis, die Goldene Kamera und die Romy.
Von Beginn der Reihe an stand der jeweilige Polizist im Mittelpunkt einer Folge. Die erzählten Geschichten sollen realitätsnah und vorstellbar sein.[2] Diese beiden Aspekte gehören neben der gemeinsamen Gestaltung von Vor- und Abspann zu den wichtigen Klammerelementen, die die Tatort-Filmreihe definieren.[3] Die einzelnen Filme der Reihe Tatort sind als in sich geschlossene, selbständige Filme mit Auflösung des Falles in der jeweiligen Folge konzipiert.[4] Es wurden aber auch einige Doppelfolgen produziert oder Filme, die einen alten Handlungsstrang nach ein paar Jahren neu aufnehmen.
Im Gegensatz zu anderen Fernsehkrimireihen sind bei ihren Tatort-Produktionen die einzelnen Landesrundfunkanstalten der ARD jeweils für ihr Sendegebiet zuständig. Jede Rundfunkanstalt verfügt über mindestens ein Ermittlerteam (Ausnahme: Bis zur Fusion von SFB und ORB zum RBB produzierte der ORB keine Tatorte – s. u.). Dadurch, dass nicht in jeder Folge dieselben Ermittler zu sehen sind, wird für Abwechslung gesorgt. Zum Konzept der Reihe gehört das Lokalkolorit: Die jeweiligen regionalen Besonderheiten der Stadt oder Gegend, in der ermittelt wird, sollen in die Handlung mit eingearbeitet werden. Beliebt sind in Hamburger Tatorten etwa die St. Pauli-Landungsbrücken oder Brückenfahrten über den Rhein im Kölner Tatort.
Zu Beginn war keine Reihe mit festen Darstellern geplant. Man wollte einen für Krimis reservierten Programmplatz am Sonntagabend, den die beteiligten Sender in Eigenregie füllen sollten. Lediglich das Lokalkolorit sowie, als Abgrenzung zur ZDF-Krimiserie Der Kommissar, Schauplätze außerhalb des Studios wurden vorgegeben. Während in der Anfangszeit die einzelnen Folgen unterschiedliche Längen von teilweise bis zu knapp zwei Stunden aufwiesen, hat sich seit Ende der 1980er Jahre eine einheitliche Länge von etwa 90 Minuten pro Folge durchgesetzt.
Vereinzelt gab es Folgen, die von der durchschnittlichen Tatort-Realität und dem klassischen Muster des Kriminalfilms stark abweichen. Zu nennen sind hier etwa die Münsteraner Folge Limbus, die weitgehend im Unterbewusstsein des Ermittlers Prof. Boerne stattfindet, wie auch Murot und das Murmeltier, in dem LKA-Ermittler Murot mehrmals in der Handlung wieder zeitlich zurückspringt an einen bestimmten Punkt am Anfang der Episodenhandlung und diese Handlung jedes Mal erneut beeinflussen kann, was ihn aber immer wieder vor neue Probleme stellt, bis er letztlich eine Lösung findet. Ebenfalls Murot war 2015 in der Folge Wer bin ich? in eine Film-im-Film-Handlung involviert, bei der Murot-Darsteller Ulrich Tukur selbst und nicht Murot im Mittelpunkt des Geschehens steht. Die Stuttgarter Episode HAL von 2016 spielte in der Zukunft und ist damit der Science-Fiction zuzuordnen; die hessische Folge Fürchte dich (2017) enthielt Anleihen im Genre des Horrorfilms.
Bei den Tatorten Babbeldasch (2017) und Waldlust (2018), beide von Axel Ranisch inszeniert, sind die Dialoge des Films improvisiert.
Die Idee zur Reihe stammt von Gunther Witte, der im Auftrag von Günter Rohrbach für den WDR eine neue Krimiserie entwickeln sollte, als Nachfolge der Stahlnetz-Krimis der ARD und als Antwort auf die Konkurrenz im Unterhaltungsbereich durch die ZDF-Krimiserie Der Kommissar.[5] Die Anregung lieferte eine ältere Rundfunkserie des RIAS mit dem Titel Es geschah in Berlin, die dokumentarisch und spannend echte, mit dem Ort Berlin verknüpfte Kriminalfälle behandelte. Witte wählte den Titel Tatort, der ursprünglich um den Namen des jeweiligen Handlungsortes ergänzt werden sollte. Um die finanzielle Last einer großen Krimiserie zu verteilen, wollte er die anderen regionalen ARD-Anstalten beteiligen, die jeweils ihre im eigenen Sendegebiet spielenden Folgen produzieren sollten. Wittes Konzept stieß bei einer der vierteljährlichen Sitzungen der ARD-Fernsehspielchefs zunächst auf wenig Interesse. Im zweiten Anlauf wurde es aber 1970 bei der nächsten Sitzung genehmigt und sollte so kurzfristig umgesetzt werden, dass keine Zeit mehr blieb, eigene Filme für die Reihe zu produzieren.[2][6]
Die erste Folge Taxi nach Leipzig wurde am 29. November 1970 mit Walter Richter als Kommissar Trimmel im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt. Der vom NDR produzierte Film war zum Zeitpunkt der Entscheidung für den Tatort-Start bereits fertiggestellt und wurde erst nachträglich als Auftaktfilm in die Reihe integriert.[2] Bereits 1969 war der Fernsehfilm Exklusiv!, ebenfalls mit Kommissar Trimmel, ausgestrahlt worden; dieser wurde 1971 (und auch danach) als Tatort, Folge 9, wiederholt und ist als Produktion der älteste Tatort. Auch andere Sender zeigten in der Reihe zunächst Filme, die ursprünglich nicht als Tatort geplant waren.
Die derzeit ca. 35 neuen Tatort-Folgen pro Jahr (siehe Liste der Tatort-Folgen) werden nur zum Teil im eigenen Produktionsbetrieb der einzelnen Rundfunkanstalten erstellt. Zum größeren Teil erfolgt die Produktion als Auftragsproduktion durch Filmproduktionsgesellschaften für die Rundfunkanstalten,[7] oft sind dies deren eigene Tochtergesellschaften. Das durchschnittliche Produktionsbudget eines Tatorts betrug 2003/2004 noch 1,43 Millionen Euro und sank bis 2011 auf 1,27 Millionen Euro pro Folge.[8] 2015 gab Das Erste die durchschnittlichen Kosten eines 90-minütigen Tatorts mit 1,395 Millionen Euro (15.500 Euro/Minute) an.[9] Die tatsächlichen Kosten variieren aber stark nach Produktionsart und der jeweiligen Rundfunkanstalt.[10] Das Schweizer Fernsehen gab im Jahr 2015 Produktionskosten von 2,1 Millionen Franken für die eigenen Tatorte an.[11]
Die Gagen der Kommissar-Darsteller betragen bei etablierten Schauspielern schätzungsweise zwischen 80.000 und 120.000 € pro Folge.[12] Pro Folge werden 21 bis 30 Drehtage angesetzt,[13] wobei in jüngerer Zeit die Zahl der Drehtage sich deutlich an die untere Begrenzung entwickelt.[14] Die durchschnittliche Zahl der Drehtage sank im Laufe der 2000er Jahre von 28 auf 23 im Jahr 2011, auch aufwändige Stuntszenen wurden seltener.[8] Die durchschnittlichen Produktionskosten einer Auftragsproduktion verteilen sich nach Angaben der ARD vom Oktober 2013 folgendermaßen: 30 % und damit der größte Anteil entfällt auf die Gagen und Honorare des Stabes, 20 % auf Gagen und Honorare der Darsteller, 12 % auf den Produzentenzuschlag (Gewinn und Handlungskosten des Produzenten), 10 % auf Außenaufnahmen, 10 % auf allgemeine Kosten, 6 % auf die Umsatzsteuer, 5 % auf Ausstattung, 4 % auf Bild-/Tonmaterial und Bearbeitung und 3 % auf Rechte.[15] Im Jahr 2015 entfielen beim Rundfunkbeitrag von 17,50 Euro monatlich rund 14 Cent auf die Produktion der Sonntagskrimis Tatort und Polizeiruf 110.[15]
Unter anderem um Reise- und Übernachtungskosten für die umfangreichen Filmcrews zu sparen, werden viele Szenen nicht an Originalschauplätzen gedreht, sondern an den Standorten der Produktionsfirmen und Sender. So werden beispielsweise für den WDR-Tatort Münster regelmäßig nur Außenszenen in Münster aufgenommen, während die übrigen Szenen in der Regel in Köln und Umgebung entstehen, dem Sitz des WDR und der Produktionsfirma Colonia Media.[16]
Der Südwestrundfunk stellt einen Großteil der Aufnahmen seiner in Konstanz, Ludwigshafen und Stuttgart spielenden Tatorte in Baden-Baden und Umgebung sowie im nahe gelegenen Karlsruhe her. Am Produktionssitz Baden-Baden ließ der Sender zum Jahr 2006 eine ehemalige Schule umbauen und richtete dort die Kulissen aller drei Kommissariate sowie eine gemeinsame Pathologie ein, die mit einem gebrauchten Seziertisch und Leichenkühlschrank ausgestattet ist. 2011 fanden durchschnittlich vier bis fünf von ungefähr 25 Drehtagen eines SWR-Tatorts am Originalschauplatz statt.[17][18][19]
Wo Handlungs- und Produktionsstandort übereinstimmen, wird häufig auf außerhalb gelegene Filmmotive zurückgegriffen, beispielsweise um eine gehäufte Verwendung der Motive zu vermeiden oder wegen schwierig zu erhaltender Drehgenehmigungen vor Ort. Daraus ergeben sich Brüche der geographischen Gegebenheiten, sodass das im Film präsentierte Bild der Stadt beispielsweise bei Entfernungen, Lage und Beziehungen zwischen Objekten nicht zwangsläufig der Realität entspricht.[20]
Langjähriger Tatort-Koordinator war der WDR-Fernsehfilmchef Gebhard Henke. Nachdem zahlreiche Frauen, darunter Regisseurinnen und Schauspielerinnen, Henke sexuelle Belästigung vorgeworfen hatten, wurde Henke entlassen.[21]
Der Darsteller im 1970 in München gedrehten Vorspann (durch einen Schlitz blickende Augen und eine flüchtende Person) ist der bayerische Schauspieler und spätere Geschäftsmann Horst Lettenmayer, der für den Dreh einmalig 400 DM bekam. Die Aufnahme, in der nur seine Beine beim Rennen zu sehen sind, entstand auf einem Abschnitt des damaligen Flughafens München-Riem. Lettenmayer wirkte viele Jahre später auch in einer Episode mit: 1989 spielte er in dem Schimanski-Tatort Der Pott einen Gewerkschaftsboss, der ermordet wird.[22]
Die Grafikdesignerin des Vorspanns war Kristina Böttrich-Merdjanowa, die hierfür einmalig 2500 DM erhielt. Ende 2009 reichte sie in einem Gerichtsverfahren vor dem Landgericht München I eine Stufenklage auf Auskunft für eine höhere Entlohnung sowie Namensnennung ein,[23] in der das Landgericht München I mit einem Teilurteil vom 24. März 2010 zunächst in weiten Teilen zu Gunsten der Klägerin entschied.[24] Im Februar 2011 hob das Oberlandesgericht München dieses Urteil jedoch wieder auf und wies die Klage ab.[25][26] Der Vorspann ist über die Jahrzehnte fast unverändert geblieben; das Fadenkreuz bestand anfangs aus drei, zwischen 1994 und 2009 auch oft (253 aus 435 Folgen) aus fünf Kreisen. 2003 ist das offizielle Tatort-Logo mit drei Kreisen als Marke angemeldet und gilt jetzt als verbindlich.
Die Titelmusik wurde 1970 von Klaus Doldinger komponiert und im Lauf der Zeit nur zweimal, in den Jahren 1979 und 2004[27], behutsam modifiziert.
Das Schlagzeug in der Erstfassung spielte Udo Lindenberg.[28]
Ab März 1995 wurden die im Ersten ausgestrahlten Tatort-Folgen durch einen Sponsoringspot der Brauerei Krombacher eingeläutet, in dem eine Insel in einer Vorsperre der Wiehltalsperre gezeigt wurde. Die Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages hebt die bisherige Unterscheidung zwischen Werbung und Programmsponsoring weitgehend auf, weswegen der Spot, nun als Werbung eingestuft, seit Januar 2013 nicht mehr gezeigt wird.[29]
Den ersten Tatort Taxi nach Leipzig inszenierte Peter Schulze-Rohr, der noch bei weiteren 14 Fällen Regie führte und damit immer noch auf Platz 10 der Regisseure mit den meisten Folgen steht. Insgesamt waren für die bisherigen über 1200 Folgen mehr als 350 Regisseure verantwortlich (Stand Ende 2022). Die meisten Tatort-Folgen drehte Hartmut Griesmayr, der mit der im März 1979 ausgestrahlten Folge Alles umsonst erstmals für den Tatort tätig war. Seine 26. und letzte Arbeit der Reihe war der letzte Tatort des Kriminalhauptkommissars Bienzle, Bienzle und sein schwerster Fall vom Februar 2007. Hajo Gies und Thomas Jauch führten bei 21 Folgen Regie, Thomas Bohn und Kaspar Heidelbach bei 20. Die Plätze 6 und 7 belegen Florian Baxmeyer mit 18 und Niki Stein mit 17 Folgen.
Viele bekannte Film- und Fernsehregisseure wie Lars Becker, Samuel Fuller, Dominik Graf, Wolfgang Petersen, Jürgen Roland, Wolfgang Staudte, Margarethe von Trotta, Fritz Umgelter, Michael Verhoeven, und Dieter Wedel gehören zum Kreis der Tatort-Regisseure.
Die Drehbücher zu den über 1200 Folgen wurden von mehr als 600 verschiedenen Autoren verfasst, in vielen Folgen auch als Teams. Das Drehbuch zum ersten Tatort Taxi nach Leipzig schrieb Friedhelm Werremeier zusammen mit dem Regisseur Peter Schulze-Rohr. Werremeier lieferte zudem noch die Drehbücher für 11 weitere Tatorte. Die meisten Vorlagen schrieb bisher Felix Huby, der 33 Drehbücher verfasste und unter anderem die Tatort-Kommissare Max Palu, Ernst Bienzle und Jan Casstorff schuf. Die zweitmeisten Folgen stammen von Jürgen Werner, der 31 Filmskripte schrieb. Auch Andreas Pflüger, Jan Hinter, Fred Breinersdorfer und Stefan Cantz steuerten jeweils mehr als 20 Drehbücher bei.
In den neueren Folgen wird fast ausschließlich Standarddeutsch gesprochen, Ausnahmen bilden einige Folgen des ORF, des SR, des BR und des SWR. In der Anfangszeit des Tatorts zählte zum Lokalkolorit auch der in der jeweiligen Gegend des Geschehens gesprochene Dialekt.
Mit Usambaraveilchen wurde 1981 erstmals eine Episode der Fernsehreihe ausgestrahlt, für die ein optionaler Untertitel produziert worden war.[30]
Der NDR sendete 1982 die Folge Wat Recht is, mutt Recht bliewen, in der eine niederdeutsche Sprachvarietät gesprochen und mit hochdeutschen Untertiteln übersetzt wurde. Ein solches Experiment wurde bisher nicht wiederholt.
Schweizer Tatort-Filme werden auf Schweizerdeutsch gedreht und für den deutschen und österreichischen Markt synchronisiert.[31] Die Dialektfassung ist nur in der Schweiz (SRF 1) zu sehen, die Synchronfassung nur in Deutschland und Österreich (Das Erste/ORF 2).
Die ab 2000 im ORF gezeigte Krimireihe Trautmann sollte wegen ihres großen Erfolgs ab 2002 innerhalb der Tatort-Reihe den Wiener Ermittler Eisner ablösen, wurde aber von der ARD kurz vor der ersten Ausstrahlung wegen des angeblich schwer verständlichen Wiener Dialekts abgesetzt.
Vornehmlich in den 1980er und 1990er Jahren wurden einige der Lieder, die innerhalb und am Ende der Folgen gespielt wurden, durch die Tatort-Ausstrahlungen bekannt oder gar kommerziell erfolgreich. Die bis dato erfolgreichsten Lieder sind Midnight Lady, geschrieben von Dieter Bohlen und gesungen von Chris Norman, aus der Tatort-Folge Der Tausch (1986) und Faust auf Faust (Schimanski) von der Klaus Lage Band, geschrieben von Klaus Lage und Norbert Heirell, im ersten Tatort-Kinofilm Zahn um Zahn im Sommer 1985. Hier eine kleine Auswahl der Lieder aus den jeweiligen Folgen:
Standorte der derzeitigen Tatort-Ermittlerteams |
Anders als die meisten deutschen Krimiserien finden die Tatort-Folgen, auch bedingt durch die verschiedenen Ermittlerteams der beteiligten Rundfunkanstalten, an verschiedenen Schauplätzen statt, die regelmäßig ihren Schwerpunkt im Gebiet der produzierenden Rundfunkanstalt haben. Dabei überwiegen Teams, die an feste Einsatzorte gebunden sind, in der Regel Großstädte, jedoch gibt es immer wieder nicht fest ortsgebundene Ermittler, etwa Hauptkommissar Finke in den 1970er Jahren (Schleswig-Holstein), Hauptkommissarin Charlotte Lindholm (bis 2018 in Niedersachsen) und gegenwärtig Oberstleutnant Moritz Eisner (Österreich), Kriminalhauptkommissar Falke (Norddeutschland) sowie Voss und Ringelhahn (Franken).
Zu den häufigsten Tatort-Schauplätzen gehören München (u. a. Veigl, Batic/Leitmayr), Hamburg (u. a. Stoever, Batu), Berlin (u. a. Ritter/Stark), Frankfurt (u. a. Konrad und Brinkmann), Köln (Ballauf/Schenk), Leipzig (u. a. Ehrlicher/Kain, Saalfeld/Keppler), Ludwigshafen (Odenthal/Kopper), Stuttgart (u. a. Bienzle, Lannert/Bootz), Münster (Thiel/Boerne) und die Ruhrgebietsstädte Essen (Haferkamp) und Duisburg (Schimanski/Thanner). Berlin, Hamburg und München sind seit Beginn der Serie praktisch durchgehend als Handlungsorte etabliert. Kleinere und nur einmalig in Erscheinung tretende Handlungsorte (etwa bei den „Wanderarbeitern“ Finke, Lutz oder Lindholm, auch bei Einzelfolgen mit nicht wiederkehrenden Kommissaren in den 1980er Jahren) werden häufig nicht konkret benannt oder mit fiktiven Namen belegt.
Eine Besonderheit der Serie ist die Zahl der Ermittler. Im Gegensatz zu anderen Fernsehserien gibt es beim Tatort eine Vielzahl von Hauptdarstellern, die von Folge zu Folge wechseln, gleichzeitig jedoch wiederkehrende Figuren darstellen. Dieser Gegensatz ergibt sich daraus, dass in der Reihe Tatort mehrere Serien zusammengefasst werden (wenn man denn die Folgen der wiederkehrenden Ermittler jeweils als eine eigenständige Serie sieht). Derzeit gibt es in der Reihe 22 Ermittler bzw. Ermittlerteams; insgesamt sind bereits mehr als 80 verschiedene Ermittler(-teams) in Erscheinung getreten. Diese Besonderheit liegt an der Konzeption der Serie (s. o.) als Gemeinschaftsproduktion der neun ARD-Rundfunkanstalten sowie des ORF.
Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) hat die Reihe seit Januar 2011 wieder in sein Sonntagabendprogramm aufgenommen und produziert jährlich zwei Folgen. Bereits von 1990 bis 2001 war das Schweizer Fernsehen am Tatort beteiligt und steuerte in dieser Zeit zwölf Folgen bei.
In den frühen Folgen stehen die zu lösenden Fälle mit den damit verbundenen Personen von Verdächtigen, Zeugen und Tätern im Vordergrund der Handlung. Die Kommissare spielen darin überwiegend nur als Polizisten eine Rolle. Ihre Darstellung als Privatpersonen unterbleibt dabei weitestgehend, von vielen frühen Tatort-Kommissaren sind nicht einmal die Vornamen bekannt.
Private Einblicke blieben eher selten: So war Kommissar Veigl schon mal in einer Volkstheateraufführung zu sehen oder beim Besuch eines Fußball-WM-Spiels (1974). Etwas mehr Privatleben erhielten einzig die frühen WDR-Ermittler Zollfahnder Kressin (vor allem wechselnde Freundinnen) sowie Kommissar Haferkamp, dessen geschiedene Frau (Karin Eickelbaum) regelmäßig in Erscheinung trat und gelegentlich in Ermittlungen mit eingespannt wurde. Im Lauf der Jahre wird immer mehr auch die persönliche Geschichte der Ermittler oder deren Eigenarten erzählt, dies wurde vor allem zu Beginn der 1980er Jahre durch den Auftritt von Kommissar Schimanski eingeläutet.
Mehr als 60 Ermittler und Ermittlerteams haben die Reihe seit Beginn wieder verlassen. Der erste Aussteiger war 1972 der Baden-Badener KHK Horst Pflüger, gespielt von Ernst Jacobi. Wie zahlreichen anderen Ermittlern blieb ihm nur ein einziger Fall. Gleich zwei Einsätze als „Eintagsfliege“ hatte Klaus Löwitsch in Milieustudien von Jürgen Roland für den HR: Nachdem er 1982 als Polizeihauptmeister Werner Rolfs im Dienst erschossen wurde, spielte er 1985 unter dem Namen Reinhold Dietze erneut in einem Tatort als Frankfurter Polizeihauptmeister die Hauptrolle.
Dauerhafter war der Einsatz von Peter Sodann als sächsischer KHK Bruno Ehrlicher, der zwischen 1992 und 2007 45 Fälle löste. Manfred Krug war als Hamburger KHK Paul Stoever zwischen 1984 und 2001 in 41 Folgen aktiv, meist gemeinsam mit Charles Brauer als KHK Peter Brockmöller. Dominic Raacke schaffte als Berliner KHK Till Ritter von 1999 bis 2014 37 Fälle, zumeist gemeinsam mit Boris Aljinovic als KHK Felix Stark. Eva Mattes ermittelte von 2002 bis 2016 31-mal als KHK Klara Blum am Bodensee. Auf 29 Folgen brachte es Götz George als Horst Schimanski zwischen 1981 und 1991.
Mehr als ein Jahrzehnt im Dienst waren auch Karl-Heinz von Hassel zwischen 1985 und 2001 mit 28 Fällen als hessischer KHK Edgar Brinkmann sowie Werner Schumacher als KHK Eugen Lutz (16 Fälle zwischen 1971 und 1986) und Dietz-Werner Steck mit 25 Fällen als Erster KHK Ernst Bienzle von 1992 bis 2007, beide in Stuttgart. Hansjörg Felmy löste als Heinz Haferkamp 20 Fälle innerhalb von sieben Jahren, während Jochen Senf als Saarbrücker KHK Max Palu auf 18 aktive Jahre mit 18 Tatort-Folgen kam.
In der Anfangszeit waren Kommissare und Ermittler üblich, die als Einzelkämpfer auftraten, keine festen Kollegen in wiederkehrenden Rollen hatten oder zumindest von der Gewichtung in der Handlung sehr stark im Vordergrund standen. Ein solcher Einzelkämpfer war beispielsweise Zollfahnder Kressin (Sieghardt Rupp). Kommissar Finke (Klaus Schwarzkopf) hatte ebenso wie Kommissar Trimmel (Walter Richter) einen festen Stamm an Assistenten, die jedoch nicht allzu stark ins Gewicht fielen.
Im Laufe der Zeit kam es zunächst zu einer verstärkten Einbindung der Assistenten; ihre Rollen wurden nach und nach größer. Größere Eigenständigkeit entwickelte etwa schon der feste Mitarbeiter Willi Kreutzer (Willy Semmelrogge) von Kommissar Haferkamp (Hansjörg Felmy), der während des Urlaubes seines Chefs einen Fall alleine löste (Felmy hatte die Arbeit beim Tatort eingestellt). Auch die Mitarbeiter Lenz (Helmut Fischer) und Brettschneider (Willy Harlander) von Kommissar Veigl (Gustl Bayrhammer) sowie Assistent Wirz (Kurt Jaggberg) von Inspektor Marek (Fritz Eckhardt) wurden im Laufe der Zeit etwas selbständiger.
Mit der Figur des Kommissars Thanner (Eberhard Feik), der sich an der Seite von Kommissar Schimanski (Götz George) sehr schnell zum gleichwertigen, wenn auch anders agierenden Partner entwickelte, wurden erstmals zwei Figuren gleichberechtigt. Der ursprünglich noch recht eigenständig agierende Kommissar Stoever (Manfred Krug) erhielt nach wenigen Folgen einen nahezu gleichwertigen, wenn auch anfänglich noch rangniedrigeren Partner in der Figur des Brockmöller (Charles Brauer). Seit den 1990er Jahren gibt es fast ausschließlich gleichberechtigte Ermittlerteams; allein ermittelnde Kommissare wie Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) oder Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) sind die Ausnahme. Der Wiener Oberstleutnant Eisner (Harald Krassnitzer) hatte zunächst einen festen Stamm an Assistenten, trat dann mehrere Folgen mit wechselnden Assistenten oder alleine auf, bis er in Vergeltung Fellner an seine Seite erhielt.
Zumeist werden bei Auslaufen eines Ermittlers oder Ermittlerteams alle Protagonisten neu besetzt, jedoch kam es auch immer wieder vor, dass nach dem Weggang der bisherigen Hauptfigur einer der Mitarbeiter in die Rolle des Chefermittlers nachrückte, etwa Kommissar Lenz (Helmut Fischer) an die Stelle von Kommissar Veigl (Gustl Bayrhammer), der es auf sieben Folgen in der Hauptrolle brachte. Eine starke Kontinuität hatten in dieser Hinsicht lange die Tatort-Folgen aus Österreich, hier folgte der ehemalige Assistent Wirz (Kurt Jaggberg), allerdings als neue Figur Kurth Hirth, dem pensionierten Vorgänger Marek (Fritz Eckhardt) und wurde später seinerseits vom bereits eingeführten Fichtl (Michael Janisch) abgelöst. Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) begann seine Karriere als Assistent von Kommissar Flemming (Martin Lüttge) in Düsseldorf. Kurioserweise war er als Assistent des Kommissars Flemming Kriminalhauptmeister (KHM, mittlerer Dienst) und kehrte als KHK (KHK, gehobener Dienst) aus den USA zurück. Auch gelang dem Mitarbeiter Deininger (Gregor Weber) von Kommissar Palu (Jochen Senf) der Sprung in das nachfolgende Ermittlerteam; ebenso Kommissarin Selb (Luise Wolfram), die ab 2016 an der Seite von Lürsen und Stedefreund in Erscheinung trat und diese ab 2021 als Moormann und Selb beerbte.
Eine Sonderrolle unter den Mitarbeitern spielte der Berliner Kommissar Hassert (Ulrich Faulhaber), der zwischen 1976 und 1985 gleich drei verschiedenen Hauptkommissaren, nämlich den Ermittlern Schmidt (Martin Hirthe), Behnke (Hans Peter Korff) und Walther (Volker Brandt), zur Seite stand. Zum Hauptermittler brachte er es jedoch nicht. KHK Eugen Lutz gerät in seinem letzten Fall selbst unter Verdacht, der gegen ihn ermittelnde KHK Schreitle (Horst Michael Neutze) beerbt ihn anschließend am Tatort-Schauplatz Stuttgart und kommt Ende der 1980er Jahre noch auf drei weitere Episoden als Hauptermittler.
In den 1970er und bis Mitte der 1980er Jahre gab es auch immer wieder Einzelauftritte von Ermittlern, die zuvor unbekannt waren und auch später nicht mehr in Erscheinung traten, wie KHK Nagel (Diether Krebs), der lediglich in einer einzigen Folge (Nr. 97 Alles umsonst) des NDR 1979 ermittelte. Die bisher letzte „Eintagsfliege“ war Oberinspektor Becker (Klaus Wildbolz) im Jahr 1996, der in Folge 338 Mein ist die Rache des ORF in Wien ermittelte. Da zu dieser Zeit kleinere Sendeanstalten meist nur einen Tatort pro Jahr drehten, konnten es sich viele Schauspieler nicht leisten, aufgrund ihrer Eigenschaft als „Tatort-Kommissar“ andere Rollen nicht zu erhalten.[2]
Als Ausnahmen in den Reihen der Tatort-Ermittler finden sich vereinzelt Protagonisten, die nicht der Kriminalpolizei angehören. Dies waren beispielsweise Zollfahnder Kressin in den Anfangsjahren, MAD-Oberstleutnant Delius (Horst Bollmann) sowie Streifenpolizist Rolfs bzw. Dietze (Klaus Löwitsch) in den 1980er Jahren oder zuletzt Psychologin Jung (Maren Eggert) im Kieler und Rechtsmediziner Professor Boerne (Jan Josef Liefers) im Münsteraner Tatort. Das Team Falke und Lorenz, das zunächst dem LKA Hamburg angehörte, wechselte 2014 mit seinem dritten Fall Kaltstart zu einer Mobilen Fahndungseinheit der Bundespolizei.
Zu Beginn der Reihe waren alle Ermittler männlich. Als erster Sender brachte der Südwestfunk 1978 mit Nicole Heesters eine Frau als Mainzer Kommissarin Buchmüller (3 Folgen). Von 1981 bis 1988 ermittelte Karin Anselm als Hanne Wiegand (Baden-Baden, 8 Folgen). Der Tatort nahm damit eine Vorreiterstellung in der westdeutschen Krimilandschaft ein – im ostdeutschen Gegenstück Polizeiruf 110 hingegen hatte bereits seit dem Anfang im Jahr 1971 mit Sigrid Göhler in der Rolle des Polizeileutnants Vera Arndt eine Frau ermittelt. Mittlerweile gibt es lediglich noch sechs rein durch Männer in den Hauptrollen besetzte Tatort-Teams. Seit 1989 leitet Lena Odenthal (gespielt von Ulrike Folkerts) ihre Ermittlungen in Ludwigshafen am Rhein weitgehend allein, ebenso Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) in Hannover bis 2017 und Ellen Berlinger (Heike Makatsch) von 2016 bis 2023. Seit März 2016 ermitteln in Dresden zwei Kommissarinnen gemeinsam mit ihrem männlichen Vorgesetzten, ebenso Lindholm und ihre Kollegin Schmitz von 2019 bis 2024 in Göttingen sowie Moormann und Selb (Jasna Fritzi Bauer und Luise Wolfram) seit 2021 in Bremen.
Sonderfälle bildeten 1997 Kommissarin Sommer (Hannelore Elsner), die aus einer zuvor eigenständigen Krimiserie für zwei Folgen in die Tatort-Reihe integriert wurde, sowie die oben bereits erwähnte Folge Unter Brüdern, die eine Kooperation mit der Krimiserie Polizeiruf 110 darstellt und beide Ermittlerteams kooperieren lässt. 2006 gab es einen Gastauftritt von Tatortkommissar Dellwo in dem Polizeiruf 110 Die Mutter von Monte Carlo.
Einige Jahre nach dem Ende des Teams Schimanski/Thanner wurde 1997 die Figur des Horst Schimanski in einer gleichnamigen Serie reaktiviert, die nicht mehr innerhalb der Tatort-Reihe lief. Dort wurde die Biografie der Figur Schimanski jedoch fortgeschrieben, auch wenn dieser kein Kommissar mehr war, sondern nur fallweise als „halboffizieller“ Ermittler eingesetzt wurde. In kleinerem Umfang trat dort auch der aus den Schimanski-Tatorten bekannte Polizist Hänschen wieder auf. Bis 2013 entstanden so insgesamt 17 Folgen. Im kleineren Rahmen erlebte auch die Figur Thanner ein kurzfristiges Weiterbestehen, da sie nach Ende des betreffenden Tatort-Teams noch für eine Folge zu den „Kollegen“ der erwähnten Crossover-Folge von Polizeiruf 110 wechselte.
Auch der langjährige Frankfurter Ermittler Edgar Brinkmann löste Anfang der 2000er Jahre nach dem Ende seiner Tatort-Karriere noch zwei Fälle in einem Spin-off.
Der Stuttgarter Kommissar Ernst Bienzle, der auf einer Romanfigur von Felix Huby beruht, trat über seine Tatort-Aktivitäten hinaus auch als Theaterfigur auf. Und auch Günter Lamprecht ließ in den Theaterstücken Herrengold und Vaterliebe seine Figur Markowitz weiterleben. Die beiden Theaterstücke wurden auch als „Tatort-Kammerspiel“ bezeichnet. Lamprecht hatte die Figur des Kommissars Markowitz allerdings auch schon 1990 – also vor seinem ersten Tatort-Einsatz – in dem Fernsehfilm Dort oben im Wald bei diesen Leuten gespielt.
Üblicherweise sind die Ermittlerteams einem festen Kommissariat zugeordnet und agieren so weitgehend in „ihrem Revier“. Eine Ausnahme bildete Kommissar Lutz (Werner Schumacher), dessen permanente Strafversetzungen zum Konzept gehörten. Damit war die Figur des Eugen Lutz dem Publikum besser unter dem Spitznamen „Wanderpokal“ bekannt. In den letzten Jahren seiner Amtszeit agierte er jedoch hauptsächlich in Stuttgart. Auch seine Nachfolger Schreitle und Bienzle ermittelten immer wieder jenseits der Stuttgarter Stadtgrenzen.
Joe Bausch, der im Kölner Tatort als Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth auftritt, war im wirklichen Leben bis zu seiner Pensionierung 2018 als Gefängnisarzt in der Justizvollzugsanstalt Werl tätig.
In den frühen Folgen gehörten Gastauftritte der Kommissare zum Konzept. In fast jeder der frühen Folgen spielte in einer Nebenrolle ein Tatort-Kommissar aus einer anderen Stadt mit. So sollten die verschiedenen Kommissare vernetzt werden,[2] außerdem sollte das Fernsehpublikum die in der Regel jeweils nur einmal im Jahr auftretenden Kommissare nicht vergessen.[48] Darüber hinaus ermitteln in Kressin und der tote Mann im Fleet (dritter Tatort) Kressin und Trimmel gemeinsam in Hamburg, in Gefährliche Wanzen (1974) Lutz und Kreutzer in Karlsruhe, unterstützt von Trimmel in Hamburg; diese Folge hat also gleich zwei Gastkommissare aus verschiedenen Sendeanstalten. Eine besondere Form des Gastauftritts hatte Zollfahnder Kressin in der Tatort-Folge Jagdrevier: Hier verfolgt Kommissar Finke abends in der Fernsehstube eines Gasthofs die Folge Kressin und die Frau des Malers auf dem Bildschirm.
Später sind Gastauftritte selten geworden. Einen der letzten bekannteren hatte der Saarbrücker Kommissar Palu (Jochen Senf) in der letzten Tatort-Folge mit Götz George, Der Fall Schimanski von 1991. Zehn Jahre später tauchte Bienzle in Tatort: Du hast keine Chance auf und half seinem Kollegen Palu.
Einen kuriosen Gastauftritt hat es im Jahr 1994 in der 471. Folge der Lindenstraße gegeben. Die Ermittler des BR-Tatortes Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) treten mit einer UNICEF-Spendendose in der Lindenstraße auf. Anlass war die 300. Folge des Tatorts. Zitat der Lindenstraße-Bewohnerin Amelie von der Marwitz an der Wohnungstür: „Aber Sie gehören doch gar nicht in diese Straße. Sie sind doch die Kommissare Leitmayr und Batic.“
2000 unternahm Lena Odenthal einen Ausflug zu einem Fußballspiel nach München und begegnete dort ihren Kollegen Batic und Leitmayr in Kleine Diebe. Die Münchner Kommissare interagierten außerdem mit den Dortmunder Kollegen in der Doppelfolge In der Familie (2020) und dem Wiener Kommissar Eisner in der Folge Schau mich an (2024).
Die Idee der Amtshilfe wurde in den Jahren 2000 und 2002 mit den Folgen Quartett in Leipzig und Rückspiel wieder aufgenommen. Hier ermitteln die Kölner Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) gemeinsam mit ihren Leipziger Kollegen Ehrlicher (Peter Sodann) und Kain (Bernd Michael Lade).
Im Münsteraner Tatort Der Doppelte Lott (2005) haben die Kölner Kommissare Ballauf und Schenk ebenfalls einen kurzen Gastauftritt, als Professor Boerne in der Kölner Gerichtsmedizin, die von seinem Kollegen Dr. Roth geleitet wird, nach Spuren an einer Leiche sucht.
Im Kölner Tatort Kaltes Herz (2010) hat der Bremer Kriminalassistent Karlsen (Winfried Hammelmann) einen Gastauftritt. Auf dem Flur des Kommissariats begegnet er Kommissar Schenk. Auf die Frage „Karlsen, was machst du denn hier?“ antwortet er: „Fortbildung“.
In den beiden Tatorten Kinderland und Ihr Kinderlein kommet (8. und 9. April 2012) ermitteln erneut Leipzig und Köln zusammen. Diesmal treffen Ballauf und Schenk in einem Mordfall einer vermissten jungen Frau aus Leipzig auf Saalfeld und Keppler.[49]
In Willkommen in Hamburg gab es 2013 ein kurzes Zusammentreffen von Hauptkommissar Tschiller und dem bis dahin noch gar nicht in die Reihe eingeführten Hauptkommissar Thorsten Falke; Falkes erster Fall Feuerteufel wurde zwar zuerst gedreht, jedoch erst nach Willkommen in Hamburg ausgestrahlt.
In der 1000. Folge Taxi nach Leipzig aus dem Jahr 2016 treten neben den aktuellen Hauptfiguren, den Kommissaren Lindholm und Borowski, auch die ehemaligen Tatort-Ermittler Markowitz (1991 bis 1995) und Wiegand (1981 bis 1988) sowie mit Oberleutnant Peter Klaus eine Figur aus dem titelgleichen ersten Tatort auf. In der 1115. Folge Das Team (Erstausstrahlung Neujahr 2020) treffen die Dortmunder Kommissare Faber und Bönisch ihre Münsteraner Kollegin Krusenstern bei einem Workshop.
Siehe auch die Liste der Tatort-Folgen mit den in der Spalte „Ermittler“ aufgeführten Gastkommissaren.
Seit Beginn der Reihe am 29. November 1970 wurden weit über 1000 Folgen (plus 13 österreichische Eigenproduktionen) ausgestrahlt. In den ersten zwei Jahrzehnten wurden in der Regel nur elf oder zwölf Filme pro Jahr erstellt, danach wurde die jährliche Produktion immer weiter erhöht.[5] 2005 wurden bereits 35 neue Folgen gesendet.
Der Inhalt der Folgen und die Ermittlerfiguren haben sich seit Beginn der Reihe deutlich verändert. Dies ist kein Zufall, denn „seit rund 30 Jahren bildet die Krimiserie bundesrepublikanische Realität ab“ (Frankfurter Rundschau).
Zusätzlich zur Liste aller Tatort-Folgen gibt es für viele Ermittler-Teams eigene Artikel mit je einer Liste der teamspezifischen Folgen.
Für gewöhnlich werden neue Tatortfolgen an einem Sonntag erstausgestrahlt, aber auch Feiertage sind beliebt. Von der Regel weichen nur fünf der 1195 Gemeinschaftsproduktion-Folgen ab, die weder an einem Sonn- noch an einem Feiertag erstausgestrahlt wurden. Es handelt sich um die Folgen
Für die dreizehn exklusiv für den ORF produzierten Folgen war es üblicher, nicht an einem Sonntag erstausgestrahlt zu werden, so unterteilen sich diese in acht Sonntags- und fünf Nicht-Sonntags-Folgen.
Die folgende Tabelle gibt Übersicht über 106 Folgen, die an einem Feiertag erstausgestrahlt wurden. 16 dieser Feiertage fielen auf einen, 90 auf keinen Sonntag. Gerade in den letzten Jahren sind manche dieser Feiertags-Folgen auch als sogenannte Event-Tatort-Folgen bekannt. Gemeint sind damit aufwendig produzierte Folgen, von denen sich der Sender besonders hohe Einschaltquoten erhofft mit Tatort-Ermittlern, die nur selten in Erscheinung treten.
Jahr | NJ | OS | OM | PS | PM | DE | EW | ZW |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1972 | 17 | |||||||
1973 | ||||||||
1974 | ||||||||
1975 | ||||||||
1976 | 64 | |||||||
1977 | ||||||||
1978 | 83 | 86 | ||||||
1979 | 100 | |||||||
1980 | 111 | |||||||
1981 | 123 | |||||||
1982 | 135 | 137 | ||||||
1983 | 146 | 148 | ||||||
1984 | 157 | |||||||
1985 | 169 | |||||||
1986 | 179 | 181 | ||||||
1987 | 192 | 194 | ||||||
1988 | 203 | 206 | ||||||
1989 | 218 | |||||||
1990 | 229 | 231 | ||||||
1991 | 238 | 242 | 243 | |||||
1992 | 256 | 259 | ||||||
1993 | ||||||||
1994 | 292 | |||||||
1995 | 301 | 308 | 311 | |||||
1996 | 323 | 330 | 334 | |||||
1997 | 355 | 360 | ||||||
1998 | 382 | |||||||
1999 | 409 | 413 | 423 | |||||
2000 | 442 | |||||||
2001 | 467 | |||||||
2002 | 500 | |||||||
2003 | 530 | 535 | ||||||
2004 | 563 | |||||||
2005 | 593 | 618 | ||||||
2006 | 619 | 628 | 634 | |||||
2007 | 651 | 662 | 667 | |||||
2008 | 692 | 698 | ||||||
2009 | 729 | 735 | ||||||
2010 | 761 | 764 | 774 | 785 | ||||
2011 | 798 | 804 | ||||||
2012 | 822 | 834 | 835 | 839 | 855 | |||
2013 | 857 | 868 | 874 | 891 | ||||
2014 | 893 | 908 | 913 | 927 | ||||
2015 | 929 | 942 | 948 | 967 | ||||
2016 | 969 | 981 | 987 | 1005 | ||||
2017 | 1019 | 1023 | 1040 | |||||
2018 | 1041 | 1053 | 1059 | 1076 | ||||
2019 | 1078 | 1091 | 1098 | 1114 | ||||
2020 | 1115 | 1128 | 1134 | 1150 | ||||
2021 | 1151 | 1162 | 1169 | 1173 | 1183 | |||
2022 | 1184 | 1198 | 1203 | 1219 | ||||
2023 | 1220 | 1231 | 1232 | |||||
Gesamt | 17 | 4 | 39 | 3 | 33 | 3 | 1 | 12 |
Bislang drei Tatort-Folgen wurden speziell fürs Kino produziert und erst mit zeitlicher Verzögerung im Rahmen der Tatort-Reihe im Fernsehen ausgestrahlt: Zahn um Zahn mit dem Ermittlerteam Schimanski und Thanner lief 1985 im Kino und am 27. Dezember 1987 erstmals im Fernsehen. 1987 folgte die Kinopremiere von Zabou mit denselben Ermittlern. Mitte 2015 wurde ein Kinofilm mit den Ermittlern Tschiller und Gümer produziert.[50][51] Der Film mit dem Titel Tschiller: Off Duty lief am 4. Februar 2016 in den deutschen Kinos an.[51]
2013 wurden Erwägungen bekannt, einen Kinofilm mit dem erfolgreichen Ermittlerduo Thiel und Boerne zu produzieren.[52] Die Folge Verbrannt mit den Bundespolizei-Ermittlern Falke und Lorenz war Ende September 2015 als Vorpremiere in zahlreichen Kinos zu sehen, bevor sie zwei Wochen später im Fernsehen ausgestrahlt wurde.[53]
Zwischen 1985 und 1989 wurden 13 Tatort-Folgen ausschließlich für den Österreichischen Rundfunk produziert. Diese wurden zunächst nicht in Deutschland ausgestrahlt; erst in den 1990er Jahren erfolgte die Ausstrahlung mancher Episoden in den dritten Programmen sowie auf 3sat. Nach Angaben des ORF sind die Senderechte bereits abgelaufen, weshalb es zu keiner weiteren Fernsehausstrahlung mehr kommen kann.[54] Am 1. November 2015 zeigte der ORF allerdings den Film Strindbergs Früchte, der eine dieser 13 Folgen darstellt.[55]
Nachdem Oberstleutnant Moritz Eisner in die Tatort-Reihe eingeführt worden war, entschied sich der ORF, einen Ableger zu produzieren, der von Mordfällen in Eisners Urlaubsziel Tirol handelt. Da das Spin-off über Umwege zur ARD gelangte, wurde es einige Jahre später in die Tatort-Reihe aufgenommen. Danach ermittelte Oberstleutnant Eisner einige Male auch außerhalb Wiens.[48]
Die meisten der jeweils aktuellen Folgen sind seit Anfang 2010 ab dem Zeitpunkt der Erstausstrahlung sieben Tage lang in der ARD-Mediathek abrufbar, seit November 2015 dreißig Tage lang. Dies war davor nur bei wenigen Folgen möglich. Der Abruf ist (mit Ausnahme der SRF- und ORF-Beiträge) international verfügbar, kann aus Jugendschutzgründen jedoch auf den Zeitraum zwischen 20 und 6 Uhr deutscher Zeit beschränkt sein.[56]
Wiederholungen von Tatort-Folgen im deutschen Fernsehen[57] laufen in den letzten Jahren häufig in den Dritten Programmen. Bereits gesendete Folgen werden auch im Ersten wiederholt, derzeit in der Regel freitags um 22 Uhr. Teilweise, beispielsweise während der Zeit der Sommerferien, laufen auch zum Hauptsendetermin Sonntag abends bereits früher ausgestrahlte Folgen. Es werden überwiegend Folgen neueren Datums wiederholt und nur vereinzelt Folgen, die deutlich über zehn Jahre alt sind. Gelegentlich werden ältere Folgen aber auch zu besonderen Anlässen wiederholt, wie 2010 im WDR die Haferkamp-Folgen, aus Anlass des Status Essens als Europas Kulturhauptstadt 2010.
Es gibt fünf Tatort-Folgen, die seit ihrer Erstausstrahlung nicht wiederholt werden dürfen oder sollen. Bei diesen sogenannten Giftschrank-Folgen handelt es sich senderintern um Folgen mit Sperrvermerk. Dies sind im Einzelnen:
Die Folge Der gelbe Unterrock (SWF, 17. Februar 1980) wurde vom produzierenden Südwestfunk fast 36 Jahre lang bis zum 16. Januar 2016 nicht wiederholt, weil die Verantwortlichen der Auffassung waren, dass der im Umfeld der Mainzer Fastnacht spielende Film erhebliche qualitative Mängel in Drehbuch und Umsetzung habe.[59]
Die Tatort-Folgen Tod im U-Bahnschacht (SFB, 9. November 1975), Drei Schlingen (WDR, 28. August 1977), Blutspur (WDR, 20. August 1989) und Tote brauchen keine Wohnung (BR, 11. November 1973) wurden ebenfalls für mehrere Jahre nicht erneut ausgestrahlt, sind aber nach Intendantenwechseln, Überprüfungen oder Korrekturen im Fernsehen wiederholt worden. Nachdem die Folge Der Eskimo (HR, 5. Januar 2014) nach Protesten mehrerer Zuschauer, die sich auf im Film ohne ihre Erlaubnis gezeigten Fotos wiedererkannten,[60] zunächst nicht wiederholt wurde, war auch diese Folge inzwischen wieder zu sehen.[61][58]
Die bisherigen 1217 Folgen (Stand 20. November 2022) tragen 1207 verschiedene Titel. Neun Titel sind doppelt belegt. Ein Titel ist ähnlich. Diese sind:
Außerdem trägt eine ORF-eigene Produktion (Folge 181a, 1986) den gleichen Titel (Die Spieler) wie eine SWR-Produktion (Folge 585, 2005)
Unter dem Titel Scene of the Crime wird der Tatort in etwa 50 Ländern vermarktet, unter anderem im Iran (2010). In Russland lief eine Folge mit Til Schweiger unter dem Titel Nick's Law und in den Niederlanden läuft der Tatort regelmäßig mit Untertiteln. Die Folge Tote Taube in der Beethovenstraße des US-Regisseurs Samuel Fuller, die in englischer Sprache gedreht wurde, lief 1973 im US-Kino. Da in den englischsprachigen Ländern Originalfassungen mit Untertiteln bei den meisten Fernsehzuschauern genauso unpopulär sind wie Synchronfassungen, sind deutsche Tatortfolgen dort eher eine Seltenheit. Nur der US-Spartensender MHz WorldView zeigt neben weiteren ausländischen Produktionen auch Tatort-Folgen.[62][63]
Zahlreiche Folgen liefen bei französischen Fernsehanstalten. Unter dem Titel Sur le lieu du crime strahlte das damals noch öffentlich-rechtliche Programm TF1 ab 1975 Filme der Reihe aus. Der private Sender La Cinq wiederholte ab 1989 Folgen und sendete weitere, die bis dahin in Frankreich noch nicht gezeigt worden waren; ab 1992 folgte der öffentlich-rechtliche Sender Antenne 2 mit demselben Konzept, diesmal unter dem Titel Tatort. Die Folge Reifezeugnis (französischer Titel: L’Amour fou)[64] wurde zuletzt als L′âge du danger im August 2022 im französischsprachigen Programm von Arte gezeigt.
Zahlreiche Tatorte wurden seit 2009 auch auf DVD veröffentlicht; dies geschah sowohl in Form von Einzel-DVDs als auch in Städte- und Ermittlerboxen.[65]
Dieter Anschlag schrieb 2014 in der Funkkorrespondenz dem Tatort diejenige Rolle als Zuschauermagnet zu, die bislang die Samstagabendshow Wetten, dass..? innehatte. Der Medienwissenschaftler Dietrich Leder erklärte das gestiegene Zuschauerinteresse an der Filmreihe mit einer verbesserten Vermarktung durch die Etablierung von immer mehr Ermittlern und immer prominenteren Schauspielern.[70]
Mehrfach wurden Themen der Tatort-Folgen in der bis 2015 im Anschluss an die Tatort-Folgen ausgestrahlten Talkshow Günther Jauch aufgegriffen, darunter bei den Folgen Das goldene Band (2012) und Ohnmacht (2014).
Seit 2014 wurde wiederholt während und nach der Ausstrahlung von Tatort-Folgen ein Experten-Chat der jeweiligen Produktionssender angeboten, in denen Zuschauer mit Redaktionsmitgliedern der Sender, aber auch zu Experten mit Bezug zum jeweiligen Thema der Folge in Kontakt treten konnten. Solche interaktive Angebote wurden u. a. für die Folgen Kaltstart (2014), Schwanensee (2015), Einmal wirklich sterben (2015) und Mia san jetz da wo’s weh tut (2016) eingerichtet.
Top-5 der Folgen mit den meisten Twitter-Beiträgen | ||||
---|---|---|---|---|
Titel | Anzahl | |||
Im Schmerz geboren | 20.557 | |||
Der Himmel ist ein Platz auf Erden | 18.062 | |||
Der große Schmerz | 17.143 | |||
Fegefeuer | 16.167 | |||
Niedere Instinkte | 15.529 | |||
Quelle: Bayerischer Rundfunk[71] |
Mit zunehmender Verbreitung der Sehgewohnheit des Second Screens nahm auch die durchschnittliche Anzahl der von Zuschauern während der Erstausstrahlung von Tatort-Folgen veröffentlichten Twitter-Beiträgen zu und stieg von 6000 Tweets im Jahr 2013 auf über 9000 Tweets im ersten Quartal 2016, wie der Bayerische Rundfunk ermittelte.[71] Durchschnittlich werden 8461 Tweets pro Tatort geschrieben, wie eine Auswertung von rund 930.000 Tweets von 73.730 verschiedenen Twitter-Nutzern zu 114 Tatort-Folgen ergab.[71] Dabei wurden mit 20.557 Nachrichten zur Folge Im Schmerz geboren die meisten Tweets gezählt, gefolgt von Der Himmel ist ein Platz auf Erden mit 18.062 Tweets, Der große Schmerz mit 17.143, Fegefeuer mit 16.167 und Niedere Instinkte mit 15.529 Tweets.[71]
Rund um den Tatort startete der Hessische Rundfunk die interaktive Web-TV- und Radio-Show „Tatort – die Show“ mit Moderator Daniel Boschmann, die unmittelbar nach dem Spielfilm über den Hörfunksender You FM ausgestrahlt wird und auf Zuschauer-Interaktion ausgerichtet ist.[72]
Die Reihe Tatort gehört zu den zuschauerstärksten Fernsehserien und -reihen in Deutschland überhaupt. 2009 stellte der Tatort 32 der 50 meistgesehenen Serienepisoden im deutschen Fernsehen,[73] 2010 waren 13 der 15 meistgesehenen Filme im deutschen Fernsehen Tatorte.[74]
Zu Beginn der Tatort-Ausstrahlungen in den 1970er Jahren konnten im damals noch konkurrenzlosen öffentlich-rechtlichen Rundfunk Einschaltquoten bis zur Größenordnung von mehr als 25 Millionen Zuschauern und über 70 % Marktanteil erreicht werden.[75] Der erfolgreichste Tatort aller Zeiten ist dabei die Episode Rot – rot – tot des SDR mit Kommissar Lutz als Ermittler, die am 1. Januar 1978 ausgestrahlt und von 26,57 Millionen Zuschauern gesehen wurde. Spätestens in den 1980er Jahren änderte sich diese Situation durch die Konkurrenz des Privatfernsehens nach Einführung des dualen Rundfunksystems und die Quoten sanken auf ein deutlich niedrigeres Niveau. Sie gehören aber immer noch zu den herausragenden Werten.[76][77] Im Jahresdurchschnitt 1996 wurden in Deutschland nur 7,05 Millionen Zuschauer für den Tatort gemessen.[78] Diese Schwächephase konnte der Tatort seit Mitte der 2000er Jahre überwinden:[79][80] So sahen im Jahr 2007 durchschnittlich 7,3 Millionen Zuschauer die Folgen der Fernsehreihe,[81] 2008 waren es 7,09 Millionen,[82] 2009 bereits wieder 7,76 Millionen,[82] 2010 7,99 Millionen[74] und 2011 rund 8,5 Millionen Zuschauer pro Tatort.[81] Im Jahr 2013 verfolgten dann sogar durchschnittlich 9,32 Millionen Zuschauer eine neue Tatort-Folge.[83]
Die WDR-Ermittler Thiel und Boerne erreichten seit 2010 als derzeit durchschnittlich quotenstärkstes Team mit allen Erstsendungen jeweils über 10 Millionen Zuschauer in Deutschland (Stand: April 2013). Ihre Folge Summ, Summ, Summ hatte 2013 mit 12,99 Millionen Zuschauern die bis dahin größte Zuschauerreichweite eines Tatorts seit 1992. Kurz zuvor hatte Willkommen in Hamburg, der Einstiegsfall des Kinostars Til Schweiger als Tatort-Kommissar, mit 12,74 Millionen Zuschauern die größte Reichweite seit 1993 erreicht.[84] Die Tatortfolge Fangschuss des Münsteraner Ermittlerteams vom 2. April 2017 erreichte mit 14,56 Millionen Zuschauern (39,6 % Marktanteil) einen neuen Rekord. Seit 1992 (Stoevers Fall, 15,86 Millionen, 52,8 % Marktanteil) wurde keine Folge bei der Erstausstrahlung von mehr Menschen gesehen.[85]
Der SFB-Tatort Ein Hauch von Hollywood (SFB, 13. Juli 1998) wurde von der ARD-Programmkommission 1998 als nicht geeignet für die Hauptsendezeit 20:15 Uhr am Sonntag befunden. Er wurde an einem Montag auf einem Wiederholungssendeplatz um 23 Uhr als Erstausstrahlung gesendet. Der Grund hierfür waren die kritisierten Qualitätsmängel von Bild und Geschichte. Der Film wurde, wie alle Filme mit den Ermittlern Roiter und Zorowski, mit Betacam gedreht, weil der SFB so Produktionskosten in Höhe von 50.000 DM sparen konnte. Durch den späten Sendeplatz erreichte die Erstausstrahlung nur 1,11 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 15,08 %, was die geringste Zuschauerzahl aller Tatort-Folgen bei einer Erstausstrahlung ist.[86]
Stadt | Ermittler | ||||
---|---|---|---|---|---|
November 2011 bis Oktober 2013[87] |
März 2011 bis März 2013[88] |
26. Januar 2013 bis 25. Januar 2015[89] |
seit 26. Januar 2015 | ||
Berlin | Ritter, Stark (bis 2015) | 8,46 | 8,56 | 9,61 | – |
Berlin | Rubin, Karow (seit 2015) | – | – | – | 9,33 |
Bremen | Lürsen, Stedefreund | 8,78 | 8,85 | 9,30 | 8,87 |
Dortmund | Faber, Bönisch, Dalay, Kossik (seit 2012) | 8,90 | 8,90 | 8,79 | 9,21 |
Dresden | Gorniak, Schnabel, Sieland (bis 2018), Gorniak, Schnabel, Winkler (ab 2019) |
– | – | – | 8,65 |
Erfurt | Funck, Schaffert, Grewel | – | – | 9,44 | – |
Frankfurt am Main | Steier, Mey (bis 2015) | 8,83 | 8,73 | 9,22 | 9,37 |
Frankfurt am Main | Janneke, Brix (seit 2015) | – | – | – | 9,04 |
Freiburg im Breisgau | Tobler, Berg | – | – | – | 9,13 |
Hamburg | Batu (bis 2012) | 7,0 | 7,0 | – | – |
Hamburg | Tschiller, Gümer (seit 2013) | 12,57 (Nur eine Folge) | 12,57 (Nur eine Folge) | 11,47 | 7,97 |
Hamburg | Falke, Lorenz (2013–2015), Falke, Grosz (ab 2016) |
10,07 (Nur eine Folge) | – | 9,87 | 8,09 |
Hannover | Lindholm | 10,43 | 10,20 | 10,19 (Nur eine Folge) | 11,00 (eine Folge mit Borowski) |
Kiel | Borowski | 8,48 | 7,68 | 9,72 | 9,47 (eine Folge mit Lindholm) |
Köln | Ballauf, Schenk | 9,43 | 8,79 | 9,90 | 9,57 |
Konstanz | Blum, Perlmann (bis 2016) | 9,21 | 9,28 | 9,46 | 9,90 |
Leipzig | Saalfeld, Keppler (bis 2015) | 8,76 | 8,71 | 8,81 | 9,78 |
Ludwigshafen | Odenthal, Kopper | 9,02 | 8,66 | 9,60 | 9,39 |
Luzern | Flückiger, Ritschard | 7,54 | 7,24 | 7,37 | 7,65 |
München | Batic, Leitmayr | 9,02 | 8,73 | 9,31 | 9,72 |
Münster | Thiel, Boerne | 12,36 | 11,58 (Ohne die Rekordfolge vom 24. März 2013) | 12,79 | 13,16 |
Nürnberg | Voss, Ringelhahn | – | – | – | 10,26 |
Saarbrücken | Kappl, Deininger (bis 2012) | 9,28 (Nur eine Folge) | 9,28 (Nur eine Folge) | – | – |
Saarbrücken | Stellbrink, Marx (seit 2013) | 8,76 | 9,13 (Nur eine Folge) | 8,39 | 9,69 (Nur eine Folge) |
Stuttgart | Lannert, Bootz | 9,63 | 8,96 | 9,13 | 8,81 |
Weimar | Lessing, Dorn | – | – | 8,45 | 8,70 |
Wien | Eisner, Fellner | 8,34 | 7,69 | 8,74 | 8,67 |
Wiesbaden | Murot | 6,86 (Nur eine Folge) | 6,86 (Nur eine Folge) | 9,38 | 7,06 (Nur eine Folge) |
Zürich | Grandjean, Ott | – | – | – | 7,45 (Nur eine Folge) |
Tatort: Moltke war 1989 die erste Folge der Reihe, die mit einem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Weitere Filme sowie Stabmitglieder und Tatort-Darsteller erhielten Fernsehpreise, siehe Abschnitt Medial bedeutende Folgen sowie die Liste der Tatort-Folgen.
Tatort-Erfinder Gunther Witte erhielt bei der Bambi-Gala 2013 den Ehrenpreis der Jury.[90] 2014 wurde dem Programmformat Tatort. beim 50. Grimme-Preis die Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes zugesprochen.[91]
2014 erhielt die Fernsehreihe Tatort eine Jubiläums-Romy in Platin, die von Moderatorin Barbara Schöneberger an das österreichische Team (Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser), stellvertretend für alle Teams, überreicht wurde.[92]
Den Folgen kann auch eine gesellschaftspolitische Bedeutung zugeschrieben werden: Erstmals wurde im deutschen Krimi der Konflikt zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Schichten thematisiert. In diesem Kontext kann auch die Figur des 1981 eingeführten Kommissars Schimanski gesehen werden. Mit ihm trat erstmals ein Ermittler auf, der eindeutig und wahrnehmbar dem Arbeitermilieu entstammt.
Beim Tatort wurden so immer wieder gesellschaftlich brisante Themen in einer populären Form aufbereitet.[93] Die Thematik der deutschen Teilung wurde wiederholt aufgegriffen, so beispielsweise in der ersten Folge, Taxi nach Leipzig, sowie in Transit ins Jenseits (1976) und in der Schimanski-Folge Unter Brüdern (1990). In letzter Zeit wird beim Tatort öfter das Konzept des Eindringens in ein relativ selbständiges Milieu verfolgt. Als Milieus kommen beispielsweise in Frage: Wirtschafts-, Politik- und Finanzmilieus, Unterschichten-, Migrations- und Außenseiter-Milieus, Jugend- und Vereinsmilieus (beispielsweise Feuerwehr, Gartenkolonie, Sportvereine) oder Gruppierungen des eng umgrenzten organisierten Verbrechens. Durch die Konzentration auf das engere Umfeld gelingen oft nahe Einblicke auch für Zuschauer, die in der Realität kaum Kontakt zu diesen vielgestaltigen Milieus haben. Es gehört sogar zum Konzept der Sendereihe, dass sich die Ermittler oft erst selbst einen Überblick über die am Tatort vorgefundenen neuen Verhältnisse verschaffen müssen. Das „gewöhnliche“ Verbrechen, das quasi jedermann widerfahren kann und dessen kriminalistische Aufklärung kaum Probleme aufwirft, ist dramaturgisch völlig ins Abseits geraten. Es hat eine eigene Krimigattung hervorgebracht: den Faction-Psychokrimi, der die psychische Konstitution des Täters in den Mittelpunkt stellt. Daneben werden aber auch aktuelle Themen aus nationaler wie internationaler Politik dargestellt. So handeln auch verschiedene Tatort-Folgen von kriegerischen Auseinandersetzungen,[94] in jüngerer Zeit liefen hierzu die Folgen Heimatfront und Fette Hunde mit aus Afghanistan zurückgekehrten Bundeswehrsoldaten.
Eine besondere Stellung in diesem Zusammenhang hat das Thema „Migration“, das besonders häufig in der Reihe aufgegriffen wurde.[95] Schon die erste deutliche Thematisierung der Migrationsproblematik in Tod im U-Bahnschacht (1975) mit Erdal Merdan in der Hauptrolle führte zu Zuschauerprotesten und unter anderem einer Beschwerde von Franz Josef Strauß beim SFB.[96] Die Folge Wem Ehre gebührt zog später sogar eine öffentliche Demonstration der dargestellten Bevölkerungsgruppe nach sich.
Insbesondere auch die gesellschaftspolitischen Aspekte haben den Tatort zum Gegenstand wissenschaftlicher Betätigung gemacht, vorwiegend in den Bereichen Soziologie, Philosophie und Literaturwissenschaften.[97]
Die dargestellten Ermittlungsmethoden sind im Gegensatz zu den Sujets der Folgen oft fern der Wirklichkeit, die Verhörmethoden häufig illegal, ohne dass diese „rechtsstaatlichen Brüche“ thematisiert oder problematisiert werden.[98] Der Strafrechtler Henning Ernst Müller sprach anlässlich einer Folge sogar von „Propaganda gegen den Rechtsstaat“.[99]
Nach Ansicht des Regensburger Kulturwissenschaftlers Hendrik Buhl steht der Tatort für ein linksliberales Weltbild.[100]
Mit dem Erstausgabetag 2. November 2020 gab das Bundesfinanzministerium ein Postwertzeichen in der Serie Deutsche Fernsehlegenden im Nennwert von 80 Eurocent anlässlich der 50 Jahre Tatort heraus. Der Entwurf stammt vom Grafiker Thomas Steinacker aus Bonn.[131]
Das Lustige Taschenbuch Nummer 539 trägt den Titel Zurück am Tatort Entenhausen.[132]
1992 ist in der Ehapa Comic Collection der Tatort-Comic Zweierlei Blut mit Schimanski erschienen.[133]
Das DDR-Pendant zum Tatort war der Polizeiruf 110, der sich heute mit dem Tatort den Sendeplatz teilt. Die erste Crossover-Folge zwischen den beiden Reihen war 1990 Unter Brüdern, in der die westdeutschen Kommissare Schimanski und Thanner (dargestellt von Götz George und Eberhard Feik) auf ihre ostdeutschen Kollegen Fuchs und Grawe (dargestellt von Peter Borgelt und Andreas Schmidt-Schaller) trafen. Nach Götz Georges Abschied aus dem Tatort gab es die Polizeiruf-Folge Thanners neuer Job (1991), in der Eberhard Feik beim Polizeiruf eingeführt werden sollte. Einen weiteren Berührungspunkt gab es in der Polizeiruf-Folge Die Mutter von Monte Carlo (2006), in der Polizeiruf-Kommissar Thomas Keller (dargestellt von Jan-Gregor Kremp) auf seinen Frankfurter Tatort-Kollegen Fritz Dellwo (Jörg Schüttauf) traf. Am Ende von Polizeiruf 110: Wendemanöver (Teil 2) wird erwähnt, dass „ein Herr Tschiller aus Hamburg“ am Telefon sei.[134]
Rund 70 Tatorte sind auch als Romane erschienen. Teils sind es Romane, die schon vor der Verfilmung veröffentlicht wurden, teils basieren sie auf dem jeweiligen Original-Drehbuch.[135]
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