Eos (Mythologie)

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Eos fliegt auf ihrem Wagen über das Meer
(rotfiguriger Krater aus Unteritalien, um 425 v. Chr.)
Eos verfolgt Tithonos
(rotfigurige Oinochoe aus Vulci, um 460 v. Chr., Achilles-Malerei)
Eos und der erschlagene Memnon (Memnon pieta)
(rotfiguriger Kelch aus Attika, um 490 v. Chr., gefunden in Capua)
Eos auf dem Pergamonaltar
Apollon mit dem Sonnenwagen und die ihm vorauseilende Eos
(Gérard de Lairesse, 1671)
L’aube (Morgendämmerung)
(William-Adolphe Bouguereau, 1881)
Eos
(Evelyn de Morgan, 1895)

Eos (griech. Ἠώς, Ēōs) ist in der griechischen Mythologie die „Göttin der Morgenröte“. Ihre römische Entsprechung ist die Aurora, nach der auch das rot-grünliche Polarlicht benannt wird.

Mythos

Abstammung

Eos wird gewöhnlich als Titanin angesehen. Nach Hesiod ist sie die Tochter des Titanenpaares Hyperion und Theia. Ihre Geschwister sind der Sonnengott Helios und die Mondgöttin Selene[1]. Nach Homer[2] ist sie dagegen, wie der „unermüdliche“ Helios und die „reichbezopfte“ Selene die Tochter von Hyperion und seiner Schwester Euryphaessa, „der weithin Leuchtenden“. Ovid[3], wie Valerius Flaccus[4] nennen sie dagegen Pallantis, also Tochter von Pallas.

Bedeutung

Eos’ Thron stand an der Quelle des Okeanos. Sie tauchte allmorgendlich mit ihrem Gespann aus dem Okeanos auf, daher trug sie den Beinamen Erigeneia, „die Früherwachende“[5]. Sie fuhr ihrem Bruder Helios bei dessen Reise über den Himmel im eigenen Wagen voraus. Ihre Pferde hießen Phaethon („Schimmer“, oder „der Glänzende“) und Lampos („Glanz“, oder „der Helle“).

Homer beschreibt Eos als anmutige, schön gelockte, rosenarmige und rosenfingerige Gottheit (ῥοδοδάκτυλος Ἠώς rhododaktylos Ēōs)[6] in einem safran-farbigen Kleid.[7]

Partner

Mit ihrem ersten Gatten, dem Titan Astraios hatte Eos viele Kinder, neben dem Eosphoros (Morgenstern – römisch Lucifer) auch die vier Winde Zephyr, Notos, Boreas und Euros.

Eos und Ares

Sappho[8] berichtet, dass Eos’ Liebschaft mit dem Kriegsgott Ares Aphrodite, die Göttin der Liebe erboste, die Eos aus Rache mit unstillbarer Begierde nach jungen sterblichen Männern erfüllte. Seither musste Eos sich, wenn sie morgens über den Horizont zog, überall nach jungen Männern oder Knaben umsehen. Dies trieb ihr die Schamröte ins Gesicht, und der Himmel errötete mit ihr. Eos’ Verhältnisse mit Sterblichen sind jedoch nicht ungewöhnlich. Hesiod führt ihre Verbindung mit Kephalos in einer langen Liste von Beziehungen zwischen Göttinnen und Sterblichen, aus denen Kinder entspringen [9]. Das Akroterion von Caere im Staatlichen Museum zu Berlin zeigt Eos mit einem Knaben, der seiner Größe nach dem Kindesalter noch nicht entwachsen ist[10].

Eos und Tithonos

Den Tithonos, einen Prinzen aus dem Geblüt des Ilos, entführte und heiratete sie und erbat von Zeus für diesen die Unsterblichkeit. Allerdings vergaß sie – anders als Selene für ihren Geliebten Endymion – auch um die ewige Jugend zu bitten. So alterte Tithonos, unfähig zu sterben, er schrumpfte ganz ein, und seine Stimme wurde immer schriller, so dass ihn Zeus schließlich aus Mitleid in eine Zikade verwandelte, die seither Eos begleitete. Beide hatten zwei Söhne, Emathion (der von Herakles getötet wurde) und Memnon[11], König der Aithiopier, den Achill im Kampf um Troja erschlug, wie Arktinos von Milet in seinem verlorenen Werk Aethiopis beschrieb. Eos entführte den Leichnam des Memnon und brachte ihn nach Aithiopien zurück. Dessen Tod beweint sie noch immer, und ihre Tränen fallen jeden Morgen als Tau vom Himmel. Memnons Grab in der Nähe von Theben wurde mit den Memnonskolossen bezeichnet, die jeden Morgen einen Laut von sich gaben, der wie eine Harfe klang[12].

Weitere Liebschaften

Liebesverhältnisse hatte Eos unter anderen mit den Sterblichen Kleitos[13], und Orion[14]. Ihre Affäre mit dem Athener Kephalos führte dazu, dass dessen Frau Pokris starb. Beider Sohn war Phaëton (nach anderen Quellen ein Sohn des Helios). Auch mit dem Knaben Ganymed, den Eos oder Zeus auf den Olymp entführt hatten, soll sie eine Liebschaft gehabt haben.

Darstellung in der Antike

In der griechischen Kunst wird Eos etwa seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. geflügelt dargestellt. Eine bekannte Darstellung findet sich auf dem Pergamonaltar. Ein etruskischer Spiegel zeigt eine Eos mit vier Flügeln, die den toten Memnon nach Aithiopien bringt[15].

Unter dem Wagen der Eos werden oft Delfine und Seepferde dargestellt[16], um den Okeanos anzudeuten.

Darstellungen von Eos, die sterblichen Knaben und Männern nachstellt oder sie wegträgt, waren auf attischen Vasen sehr beliebt, der Katalog von Kaempf-Dimitriadou[17]nennt 147 Beispiele.

Kultstätten

Ihre Kult ist selten, lediglich in Athen scheint sie verehrt worden zu sein, wohl wegen ihrer Verbindung mit Kephalos. So waren Eos und Kephalos auf dem Tempel der Athener in Delos dargestellt[18].

Deutungen

  • Eos' Liebesaffären mit jungen Sterblichen werden von Ranke-Graves als Allegorien gedeutet: Die Morgendämmerung lässt die nächtlichen Leidenschaften der Liebenden wieder aufflammen[19].

Stammbaum der Titanen (vereinfacht)

Uranos←—Gaia←—Chaos
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Göttergeschlechtder Titanen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Hyperion
 
Theia
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Selene
 
Eos
 
Helios


Literatur

  • Marie Luise Kaschnitz: Eos. In: (dies.): Griechische Mythen. Insel, Frankfurt a. M. & Leipzig 2001, ISBN 3-458-17071-5, S. 160-166 (dichterische Nacherzählung des Mythos)
  • Mary R. Lefkowitz 2002: "Predatory" Goddesses. In: Hesperia 71:4, S. 325-344.

Weblinks

Commons: Eos – Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Hesiod, Theogonie 371 ff.
  2. Homerischer Hymnos 31 on Helios
  3. Fasti 4. 373
  4. Argonautica 2. 72
  5. Hesiod, Theogonie 378-382
  6. Homer, z. B. Ilias i.477 und vi.175
  7. Homer, Ilias viii.1 und xxiv.695
  8. Fragment 140
  9. Hesiod, Theogonie 967-968
  10. Marilyn Y. Goldberg 1987, The "Eos and Kephalos" from Caere: its Subject and Date. American Journal of Archaeology 91:4, fig. 1
  11. Hesiod, Theogonie 984ff
  12. Sherman E. Lee 1953, An Etruscan Mirror with Eos and Memnon. Bulletin of the Cleveland Museum of Art 40:2, 33
  13. Odyseee 15, 572-575
  14. Odyseee 5, 118-128
  15. Sherman E. Lee 1953, An Etruscan Mirror with Eos and Memnon. Bulletin of the Cleveland Museum of Art 40:2, 33
  16. Marilyn Y. Goldberg 1987, The "Eos and Kephalos" from Caere: its Subject and Date. American Journal of Archaeology 91:4, 608
  17. Sophia Kaempf-Dimitriadou 1969, Die Liebe der Götter in der attischen Kunst des 5. Jahrhunderts. v. Chr. Bern, 76-109
  18. Martin Robertson 1975, A History of Greek Art, Cambridge, Cambridge University Press, 356
  19. 19,0 19,1 Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie, K. 40. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2007.
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