Chronische neuropathische Schmerzen nach Fusion- Hoffnungslos?

Chronische neuropathische Schmerzen nach Fusion- Hoffnungslos?

Die Pseudoarthrose nach einer Fusionschirurgie an der Lendenwirbelsäule ist und wird in den nächsten Jahren ein Problem in der Wirbelsäulenchirurgie bleiben. Die Pedikelschrauben, der Platzhalter im Bandscheibenfach und die Anlagerung von Knochen schaffen die Voraussetzungen für die Fusion. Am Ende ist es jedoch ein Rennen zwischen Stabilität und Biologie. Versagt die Biologie, entsteht eine Pseudoarthrose mit teilweise unangenehmen Konsequenzen für den Patienten.

Verschiedenste Faktoren spielen eine wesentliche Rolle, ob es zur Fusion oder Pseudoarthrose kommt. Patientenbezogene Risiken wie Nikotinabusus, Osteoporose und BMI sind beeinflussbar, jedoch ist bei hohem Leidensdruck die rasche Korrektur dieser Risikofaktoren im Praxisalltag schwierig. Nebst den patientenbezogenen Risiken spielen sicherlich auch chirurgische Faktoren wie die korrekte Schraubenlage, die möglichst grosse Auflagefläche des intervertebralen Platzhalters (Cage) und die Anlagerung von Knochen eine wichtige Rolle. Der grossflächigen Präparation der Endplatten wird leider oft nicht die notwendige Beachtung geschenkt und ist für Studienzwecke schwierig zu messen.

Die Diagnose einer Pseudoarthrose ist oft schwierig. Sowohl das CT als auch das SPECT-CT ist nicht sensitiv genug. Fehlender gesteigerter Knochenmetabolismus im SPECT-CT schliesst eine Pseudoarthrose nicht aus, insbesondere bei der straffen Pseudoarthrose! Eine Schraubenlockerung ist in osteoporotischem Knochen deutlich früher im CT erkennbar, wie bei Patienten mit ausreichender Knochendichte. In gutem Knochen können Softmarker wie ein veränderter Schraubwinkel zur Endplatte (stehendes Röntgen!) oder vermehrte Sklerosierungen und Lysen im proximalsten Schraubenanteil hinweisend sein. Intervertebral können die "unruhige" Endplatte im Cagebereich mit Lyse- und Sklerosezone sowie das Vakuumphänomen Zeichen einer Pseudoarthrose sein. Am Ende entscheidet natürlich nicht die Bildgebung alleine sondern die Kombination aus Anamnese und dargebotener Klinik.

Tangentialer Schnitt durch den Pedikel S1/ Schraube mit Nachweis einer fokalen Lyse


Die Pseudoarthrose kann, aber muss nicht, Rückenschmerzen bereiten! Ein erheblicher Anteil der Patienten berichtet über erneute Beinschmerzen "wie vor der Verschraubungsoperation". Die entlastete Wirbelsäule sollte im Liegen weniger Schmerzen wie im Stehen und Gehen.

Was ist zu tun, wenn der Patient seit 9 Jahren unter brennenden neuropathischen Schmerzen leidet und die Bildgebung einen nahezu komplett komprimierten Nerven zeigt? Ist eine aufwendige Re-Operation noch sinnvoll? Eine Prognose in einem solchen Fall abzugeben ist schwierig. Ein positives Ansprechen auf die periradikuläre Infiltration der Radix und die Besserung im Liegen sind aus der klinischen Erfahrung prognostisch günstige Faktoren.

Neuropathische Schmerzen seit dorsaler Spondlyodese vor 9 Jahren: Kompression der Radix L5 durch Zement und Cage. Zusätzliche Pseudoarthrose L5/S1 mit Vakuumphänomen intervertebral.

 

Eine aufwendige Revision, wie in diesem Beispiel mit Cagewechsel, ist bei 4-maliger Voroperation auf gleicher Etage aufgrund der Vernarbungen mit einem erhöhten Risiko für weitere Schädigungen der Nerwurzel L5 behaftet. Eine kurzfristige Verstärkung der neuropathischen Schmerzen ist durch die chirurgische Manipulation möglich.

Revisionsspondylodese L4-S2 mit aufwändiger Cagerevision und Befreiung des foraminalen Zementes.

In gezeigtem Fall bestanden postoperativ vorübergehend für 2 Wochen neue radikuläre Schmerzen auf der Gegenseite. Die langjährigen neuropathischen Schmerzen waren bereits unmittelbar postoperativ deutlich gebessert und bildeten sich über die Wochen weiter erfreulich zurück. Eine gute Aufklärung, Vorbereitung und Nachbetreuung des Patienten ist ein elementarer Bestandteil der Behandlung.


Dr. Schlichtherle & Dr. Schwizer



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