Der Schlafmohn (Papaver somniferum) ist eine uralte Kulturpflanze aus der Familie der Mohngewächse (Papaveraceae). Er stammt aus dem östlichen Mittelmeerraum und wurde schon in der Jungsteinzeit vor rund 6.000 Jahren in Europa angebaut. Damit ist der Schlafmohn sogar eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. In Afghanistan und einigen anderen Ländern in Zentralasien wird Schlafmohn bis heute hauptsächlich zum Zwecke der Opium-Gewinnung angebaut. Morphinarme Sorten der Gattung, wie der sogenannte Bäckermohn, dienen aber auch als Ölfrüchte und zur Gewinnung von Mohnsamen für die Backindustrie. Sie haben unter anderem in Österreich als Agrarpflanzen größere Bedeutung.
In Europa sind von der einjährigen Sommerblume außerdem verschiedene Ziersorten mit einfachen und dicht gefüllten Blüten in unterschiedlichsten Farbtönen im Handel erhältlich. Sie sind bis heute auch in Deutschland in alten Bauerngärten verbreitet, obwohl ihr Anbau hierzulande strikten Auflagen unterliegt und genehmigungspflichtig ist.
Der Milchsaft des Schlafmohns enthält verschiedene Alkaloide, von denen mit dem größten Mengenanteil von etwa einem Fünftel das Morphin das bekannteste ist. Der reine Wirkstoff hat bis heute als Morphium eine große medizinische Bedeutung, denn es ist eines der stärksten Schmerzmittel. Bei regelmäßiger Einnahme führt es allerdings auch zu starker Abhängigkeit – deshalb ist es strikt rezeptpflichtig und darf nur unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden.
Beim Roh-Opium handelt es sich um den getrockneten Milchsaft der Pflanze, der durch mehrmaliges Anritzen der unreifen Samenkapseln gewonnen und nach dem Eintrocknen abgeschabt wird – ein mühsames Geschäft, denn man benötigt selbst bei ertragreichen Sorten für ein Kilogramm Roh-Opium rund 20.000 Mohnpflanzen. Der Milchsaft enthält neben Morphin auch Noscapin und Codein, die als Wirkstoffe für Hustenmittel Verwendung finden, sowie Papaverin, das gefäßerweiternd und krampflösend wirkt. Es wird bei Herzproblemen und auch bei Schmerzen im Verdauungstrakt eingesetzt.
Aufgrund des breiten medizinischen Anwendungsspektrums zählen Opium und frischer Mohnsaft schon seit Jahrtausenden zu den wichtigsten natürlichen Heilmitteln – und aufgrund der starken Nebenwirkungen wie körperlicher Abhängigkeit natürlich auch zu den umstrittensten. So stellte Dioskurides, der wohl bekannteste Pharmakologe der Antike, in seinen Schriften schon im ersten Jahrhundert nach Christi fest, dass die unkontrollierte Einnahme des Mohnsafts zu langem und tiefem Schlaf, Lethargie und schließlich zum Tode führen.
Im Gegensatz zu England, Österreich, der Schweiz und den meisten anderen europäischen Ländern ist der Anbau von Schlafmohn in Deutschland nur mit behördlicher Genehmigung zulässig. Sie muss bei der Bundesopiumstelle beantragt werden, kostet für Hobbygärtner einmalig 95 Euro und wird zunächst für drei Jahre erteilt. Danach ist auf Antrag eine kostenfreie Verlängerung möglich. Die Anbaugenehmigung beschränkt sich jedoch auf eine Fläche von zehn Quadratmetern.
Für den Anbau zugelassen sind die drei morphinarmen Sorten ‘ZENO MORPHEX’, ‘Mieszko’ und ‘VIOLA’. Diese haben aber aufgrund ihrer blassen Blütenfarben nur einen geringen Zierwert. Die Kultur der vielen schönen englischen Gartensorten hingegen ist generell untersagt. Man darf die Samen zwar legal erwerben und sie werden von einigen englischen Versandgärtnereien auch in Deutschland angeboten – die Aussaat jedoch ist verboten.
Eine offizielle Anbaugenehmigung für den privaten Garten hatten im Jahr 2023 in Deutschland 59 Personen. Das geht aus einer Meldung der Bundesopiumstelle vom 14. Mai 2024 hervor. Die meisten Gartenbesitzer werden aber kaum wissen, dass in ihrem Garten illegale Pflanzen wachsen, denn der Schlafmohn sät sich in vielen alten Bauerngärten auch ohne Zutun des Gärtners schon seit Jahrzehnten immer wieder von selbst aus.
Schlafmohn wird je nach Sorte 40 bis 140 Zentimeter hoch und wächst meist ein-, seltener mehrtriebig. Der Stängel ist meist leicht behaart und wie die Blätter blaugrün gefärbt. Er trägt eine große, endständige Blüte mit großem, oberständigem Fruchtknoten, aus dem sich nach der Bestäubung eine große Kapselfrucht mit zahlreichen kleinen, grauschwarzen Samen bildet. Die meist vier radial angeordneten dünnen Blütenblätter sind je nach Sorte in Farbe und Form sehr unterschiedlich gestaltet. Es gibt weiße, cremegelbe, kirschrote bis tiefviolette Züchtungen mit einfachen bis dicht gefüllten Blüten und ganzrandigen bis gefransten Blütenblättern. Die Blüten haben einen Durchmesser von fünf bis zwölf Zentimeter und öffnen sich von Juni bis August. Jede einzelne Blüte hält nur wenige Tage, die gefüllten Sorten etwas länger.
Die blaugrünen Blätter des Schlafmohns sind schmal und länglich, bis zu 15 Zentimeter lang und am Rand stark gesägt bis gebuchtet. Sie sind wechselständig angeordnet, umfassen am Ansatz fast den gesamten Stängel und stehen meist steil aufrecht.
Schlafmohn braucht einen sonnigen, warmen Standort und einen frischen, humusreichen und gut gelockerten Gartenboden. Die Pflanzen wachsen auf nährstoffreichen, lehm- und kalkhaltigen Mergelböden am besten. Sie reagieren empfindlich auf Bodenverdichtung und Staunässe.
Schlafmohn wird in der Regel ab Mitte März direkt ins Freiland ausgesät und keimt je nach Witterung nach rund zehn Tagen bis zwei Wochen. Wichtig ist, dass der Boden vor der Aussaat gründlich vorbereitet und gelockert wird. Man sät den Mohn dünn und breitwürfig aus, drückt die Samen am besten mit einem Brett leicht an und bedeckt sie nicht mit Erde, da Schlafmohn ein Lichtkeimer ist. Zum Schluss wird gut angegossen.
Man kann Schlafmohn auch in Multitopfplatten oder kleinen Blumentöpfen im Kalthaus vorziehen und erst Anfang Mai ins Beet setzen. Es wird zwar oft behauptet, dass Sämlinge mit Topfballen im Freiland nicht gut anwachsen, aber dies ist inzwischen widerlegt. Die Vorkultur im unbeheizten Gewächshaus hat zwei Vorteile: Zum einen kommen die Pflanzen früher zur Blüte und zum anderen hat man eine bessere Kontrolle darüber, wo im Beet der Schlafmohn aufschlägt. Bei der Freilandaussaat muss man den Schlafmohn hingegen meist vereinzeln, damit er im Beet nicht zu dicht steht.
Wie die meisten einjährigen Beetpflanzen ist auch der Schlafmohn absolut pflegeleicht. Ein paar Wassergaben bei anhaltender Trockenheit sind jedoch dringend zu empfehlen, sonst ist der Blütenspaß allzu schnell vorbei. Während der Anzuchtphase muss man außerdem aufpassen, dass die jungen Keimlinge vom Unkraut nicht überwachsen werden.
Schlafmohn kommt im Garten vor allem als pflegeleichter Lückenfüller im Staudenbeet zum Einsatz. Er passt hervorragend in Bauerngärten und kann auch als Mischkulturpartner im Gemüsegarten ausgesät werden. Auch in farbenfrohen Blumenrabatten und Blütenwiesen aus einjährigen Sommerblumen spielt er optisch eine tragende Rolle.
Vor allem in England sind die Zierformen des Schlafmohns außerordentlich beliebt – entsprechend groß ist die Auswahl. Oft werden auch die Samen mehrerer Sorten als Saatgutmischung angeboten. Hier eine kleine Auswahl:
Schlafmohn ‘Black Peony’ (links) und ‘Pink Fizz’ (rechts)
In der Regel ist nur eine Initialaussaat beziehungsweise -pflanzung nötig und der Schlafmohn nimmt seine weitere Vermehrung selbst in die Hand: Im Spätsommer und Herbst öffnen sich die Samenkapseln und streuen die neue Saat in der Umgebung aus. Im Folgejahr ist es dann spannend zu sehen, an welchen Stellen der Mohn plötzlich aufschlägt. Beim landwirtschaftlich genutzten Bäckermohn, dem einzigen Schlafmohn, der in Deutschland mit entsprechender Genehmigung angebaut werden darf, klappt das mit der Selbstaussaat jedoch nicht ganz so gut. Die Sorten wurden auf stabile, geschlossene Samenkapseln gezüchtet, damit das Saatgut nicht vor der Ernte verlorengeht. Hier muss man im Herbst also von Hand nachhelfen.
Schlafmohn ist nicht besonders anfällig für Pflanzenkrankheiten und Schädlinge. Am häufigsten tritt Falscher Mehltau auf. Befallene Exemplare sollten am besten gleich aus dem Beet entfernt werden. Jungpflanzen werden auch gerne von Schnecken gefressen.