Web & Netzkultur

Fake-News erkennen mit eigenem Faktencheck

In Zeiten großer öffentlicher Aufregung – wie aktuell der Corona-Pandemie – kursieren im Netz und in Messenger zahllose Halbwahrheiten und Fake News. Ihr könnt Euch aber schützen, indem Ihr selbst die Fakten checkt.

Egal ob Terroranschlag oder Pandemie: Sobald große Aufregung in der Bevölkerung herrscht, schlägt die große Stunde derer, die politisch agitieren, boshafte Ratschläge oder schlicht Hass mit Fake-News streuen möchten. Die aktuelle Corona-Pandemie bringt dabei besonders furchtbare Stilblüten hervor. Doch wie kann man prüfen, ob scheinbare Infos auf einer Website, auf Facebook oder WhatsApp nicht plumpe Fälschungen oder sogar gefährliche Ratschläge sind? Ganz einfach: Mit einem Faktencheck! Und den kann jeder ganz einfach selber machen.

1. Schauen, wer die Nachricht verbreitet!

Egal ob Artikel, Meme oder Text-Bild: Wenn Ihr eine Nachricht mit aufreibenden "Fakten" oder tollen "Ratschlägen" zum Umgang mit der Krise erhaltet oder findet, solltet Ihr zuallererst prüfen, wer diese weitergeleitet oder veröffentlicht hat. Wenn die esoterische Tante mit schamanischem Trommelkreis-Hintergrund und Chemtrail-Wahn versichert, dass Waschungen mit oder die Einnahme von Bleiche (Chlordioxid) das Corona-Virus "deaktiviert", dann solltet Ihr skeptisch werden. Allerdings sind die Falschmeldungen nicht immer so offensichtlich. Wichtig ist: Wenn der, der den Kram verteilt, schon in der Vergangenheit als besonders leichtgläubig oder "alternativ" im Aluhut-Sinne aufgefallen ist, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Fake-News. Ihr solltet solche Nachrichten einfach löschen.

2. Verschwörungstheorien skeptisch sehen!

Besonders unschöne Fake-News geben bestimmten Politikern oder, noch ekliger, Minderheiten die Schuld an bestimmten Ereignissen. Bei islamistischen Terroranschlägen sind nicht "alle Muslime" schuld und der Jude oder chinesische Geheimlabors stecken auch nicht hinter der Corona-Krise. Grundsätzlich gilt: Es gibt keine großen, globalen Verschwörungen! Zumindest nicht in der Form, die von Verschwörungstheoretikern kommuniziert wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand plaudert, nimmt nämlich mit der Menge der Mitwisser und der Zeit irgendwann so stark zu, dass die Verschwörung nicht geheim bleiben würde. Kurzum: Wird eine Gruppe – egal ob politisch oder ethnisch – unterstellt, sich verschworen zu haben, könnt Ihr den Mist direkt in den Eimer treten.

3. Hintergrund checken!

Falls Ihr auf Meldungen der oberen beiden Kategorien stoßt, ist es meist simpel, diese zu entlarven. Doch was, wenn Ihr ein YouTube-Video schaut oder einer Facebook-Gruppe folgt, in der Videos und oder Texte und Bilder gepostet werden, die scheinbar alternative Fakten verbreiten? Nun: Ihr solltet Euch dann die Profile und Kanäle der Benutzer, die den Kram in die Welt streuen, genauer anschauen. Hier gilt das gleiche Prinzip wie bei der esoterischen Tante: Wird in dem Kanal viel paranoider Schmu verbreitet oder kommen ständig Worte wie "Big Pharma", "Impfung", "Autismus", "Alternative Heilmethode" und ähnliches vor, könnt Ihr ziemlich sicher sein, dass auch der aktuelle Ratschlag für die Katz ist. Gleiches gilt übrigens bei Websites und Kanälen, die kein journalistisches oder offizielles Renommee haben: Wenn ein Artikel von einer Website namens Weltweite-Supernews24.de plötzlich wie wild geteilt wird, mag das auf dem ersten Blick nach Journalismus aussehen – im Zweifel stecken aber Fake-News-Trolle dahinter.

4. Google ist keine Hilfe!

Es ist natürlich naheliegend, Stichworte zu googeln, um ihren Wahrheitsgehalt zu checken. Sinnvoll ist das aber nur bei Memes, die durch die Messenger- und Social-Netze geistern: Hier könnt Ihr Textstellen bei Google ausschneiden und landet höchstwahrscheinlich auf einer seriösen Faktencheck-Seite wie Mimika.at. Stichworte solltet Ihr hingegen auf keinen Fall googeln, um Fakten zu checken: Wenn Ihr alternative Fakten googelt, passt nämlich kein Herr Google auf, dass Ihr die "richtigen" Seiten erwischt. Vielmehr werdet Ihr schlimmstenfalls sehr tief in den Strudel der Aluhut-Websites gezogen und findet womöglich noch mehr geistigen Dünnpfiff, also Vorsicht!

5. Cui Bono?

"Cui bono" bedeutet: zu wessen Vorteil? Das ist zwar eine Frage, die oft und gerne von der Verschwörungstheorie-Fraktion gestellt wird. Allerdings falsch, denn Ihr müsst das Pferd von hinten aufzäumen und Euch nicht die Frage stellen, wem Pandemie oder Terroranschlag nutzen (siehe 2.), sondern Euch fragen, welchen Interessengruppen die Verschwörungstheorie, die Falschinformation oder Fake News nutzen könnte. Auch hier sollte die Quelle genauer unter die Lupe genommen werden. Und die eigenen Vorurteile. Die können Euch nämlich mächtig an der Nase herumführen, je nachdem, bei welchen politischen und ethnischen Ansichten Ihr beheimatet seid. Im Grunde kann man davon ausgehen, dass alle Seiten ein Interesse haben, Dinge nach ihrer Lesart zu kommunizieren. Wenn Ihr das wisst, durchschaut Ihr schnell das Panoptikum menschlicher Abgründe. Allerdings ist hierfür ein wenig gesunder Menschenverstand und die Fähigkeit zur Metaebene notwendig.

6. Bilder (und Videos!) immer in Zweifel ziehen!

Übrigens werden auch Bilder gerne zur Unruhestiftung eingesetzt. Allgemein gliedern wir Fake-Bilder inzwischen in drei Kategorien:

  1. Fälschungen durch falschen Kontext.
  2. Fälschungen durch Bildbearbeitung.
  3. Fälschungen durch Beschneiden

Richtig leicht erkennbar ist keine davon, doch zumindest bei technisch bearbeiteten und montierten Bildern habt Ihr eine gute Chance, ein Fake zu entlarven. Der falsche Kontext lässt sich prüfen, indem Ihr das Bild bei der Google-Bildersuche hochladet und validiert. Auf diese Weise könnt Ihr möglicherweise auch die dritte Kategorie entlarven, allerdings ist bei der Google-Variante Vorsicht geboten: Wurde nur das beschnittene oder manipulierte Bild verbreitet, erhält es einen Wahrheitsgehalt, den es in Wirklichkeit nicht hat. Übrigens ist die Wahl des Bildausschnitts auch bei professionellen Fotografen und seriösen Medien eine beliebte Form der Manipulation der Wirklichkeit. Inwieweit das schon unter "Fake" fällt, könnt Ihr selbst entscheiden. Grundsätzlich gilt aber: Fotos sind Zeitdokumente, aber kein Spiegel der Realität! Wir sind inzwischen dazu übergegangen, gerade Bildmaterial besonders skeptisch zu sehen – und lieber einmal zu wenig zu "glauben" als einmal zu viel.

Ignoriert das Raunen in schlechten Zeiten

Falschmeldungen und Verschwörungstheorien haben in schlechten Zeiten schon zahllose Menschenleben gekostet. Das liegt auch daran, dass sie eine hochkomplexe und oftmals beängstigende Wirklichkeit in einfachen, leicht verständliche Häppchen serviert, die schnell nebenher konsumiert werden können. Besonders plausible Theorien werden viral verbreitet und schnell zur gefühlten Wahrheit. Im Fall des Corona-Virus etwa, dass das Virus Jugendlichen nichts anhaben kann oder, wie ich gestern in einer Kommentarspalte lesen musste, dass Rauchen das Virus eliminiert (und nicht etwa wie in der offiziellen WHO-Lesart das Risiko noch deutlich erhöht).

Fake-News kulinarisch betrachten

Dazu ein einfacher Ratschlag: Letztlich könnt Ihr das Weltgeschehen kulinarisch betrachten. Die Wirklichkeit schließt sämtliche Küchen und Köche der Welt ein, Millionen traditioneller Gerichte und Zutaten, immer wieder neu aufbereitet von Sterneköchen und Imbissbudenbesitzern. Die Wirklichkeit ist also kurzum ein hochkomplexes Welt-Menü mit zahlreichen guten und schlechten Köchen, unendlich vielen Zutaten, Gewürzen und Zubereitungsarten, die selbst Fachleute nicht begreifen. Verschwörungen und Fake-News sind hingegen 1-Euro-Cheeseburger: Gehalt- und oft geschmacklos, dabei unterkomplex und leicht verdaulich. Aber das Rezept ist für jeden Nachvollziehbar, was für viele Menschen seinen Reiz ausmacht. Wenn die News also besonders leicht konsumierbar ist und nach altem Fett und billigem Käse riecht, solltet Ihr auf der Hut sein.