Die vorangegangene Nationalratswahl fand genau fünf Jahre vor dem anstehenden Urnengang, am 29. September 2019, statt. Damals traten in Tirol neun Listen an. Heuer ist das Angebot mit elf Listen auf dem Stimmzettel noch größer. Neben den bereits im Nationalrat vertretenen Parteien ÖVP, SPÖ, FPÖ, Die Grünen und NEOS stehen sechs Kleinparteien bzw. erstmals antretende Listen zur Auswahl. Das sind die Bierpartei, die Liste Gaza, die KPÖ, MFG, die Liste Madeleine Petrovic und die Liste Keine von denen.
Angesichts der Vielfalt auf dem Stimmzettel und der großen Konkurrenz wird es spannend sein, welche Kleinparteien und Listen tatsächlich ins Parlament einziehen. Außerdem ist das Rennen um Platz eins und damit auch den Anspruch auf eine Kanzlerschaft bzw. eine Regierungsbildung wohl so offen wie noch nie.
Rund 540.000 Wahlberechtigte in Tirol
Ob die ÖVP, die FPÖ oder auch die SPÖ am Ende vorne ist, dürfte sich in einer ersten Hochrechnung kurz nach 17.00 Uhr zeigen. Der ORF informiert am Wahltag laufend über aktuelle Entwicklungen, unter anderem in Sondersendungen der „Zeit im Bild“ oder auch im regionalen Radio und Fernsehen – mehr dazu in So berichtet der ORF Tirol am Sonntag.
In Tirol sind am Sonntag 539.833 Menschen wahlberechtigt. Insgesamt sind es österreichweit rund 6,3 Millionen Menschen. Die Wahl selbst kann in der jeweiligen Gemeinde zu den Öffnungszeiten der Wahllokale sowie per Briefwahl durchgeführt werden. Für letztere sind die Fristen für einen zeitlich reibungslosen Ablauf zu beachten.
Viele Themen im Wahlkampf
Bei der Stimmabgabe ist es wichtig, eine eindeutige Willensbekundung abzugeben. Das betrifft besonders die Angabe von Vorzugsstimmen. Bei der Nationalratswahl können Wählerinnen und Wähler drei Vorzugsstimmen vergeben werden – auf Bundesebene sowie auf der Ebene des Landes- und des Regionalwahlkreises – mehr dazu in Richtiges Ausfüllen des Stimmzettels.
Inhaltlich war der Wahlkampf von unterschiedlichen Themen geprägt. Darunter fallen Themenbereiche wie Sicherheit und Migration, Teuerung, Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit, aber auch Bildung. Als Orientierungshilfe bot der ORF Tirol den Wahlberechtigten einen Überblick zu den Anliegen der Parteien in vier verschiedenen Bereichen: Bildung, Gesundheit, Verkehr und Migration – mehr dazu in NR-Wahl: Positionen zum Thema Migration. Speziell nach den heftigen Unwettern in Ostösterreich drehte sich in den letzten Tagen vor der Wahl viel um den Umgang mit solchen Naturkatastrophen.
Antretende Listen im Kurzporträt
Zusätzlich begleitete der ORF Tirol die in Tirol antretenden Parteien im Wahlkampf, um einen Eindruck von den Inhalten und Spitzenkandidatinnen und -kandidaten (vorwiegend auf Landesebene) zu vermitteln. Die Reihung der untenstehenden Listen erfolgte in Anlehnung an die Reihung auf dem Stimmzettel (fünf im Nationalrat vertretene Parteien nach Stimmenstärke 2019 und anschließend die neu eingereichten Kleinparteien).
Karl Nehammer – Die Volkspartei (ÖVP)
Die ÖVP erreichte 2019 unter dem damaligen Bundesparteiobmann und Spitzenkandidaten Sebastian Kurz bundesweit 37,5 Prozent. In Tirol erreichte die ÖVP mit Landesspitzenkandidatin Margarete Schramböck rund 46 Prozent der Stimmen.
Sendungshinweis:
„Tirol heute“, 20.9.2024
Heuer tritt für die ÖVP Norbert Totschnig als Landesspitzenkandidat an. Er ist seit zwei Jahren Landwirtschaftsminister unter Bundeskanzler Karl Nehammer. Totschnig ist gleichzeitig Nummer 1 im Bezirk Osttirol. Bei seiner Tirol-Tour im Fachmarktzentrum Imst legte er besonderen Wert auf drei große Themen: Wolf, Wald und Bauern.
Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ)
Im Sozial- und Seniorenzentrum ’Szenzi in Zirl war SPÖ-Landesspitzenkandidatin Selma Yildirim zu Gast. Unterstützung erhielt sie dabei von Landesparteichef und 1. Landeshauptmann-Stellvertreter Georg Dornauer. Yildirim sitzt seit fast acht Jahren für die SPÖ im Nationalrat. In ihrem Heimatbundesland Tirol hofft sie darauf, ein gutes Ergebnis einzufahren, auch wenn die Umfragen momentan nicht die besten für die Sozialdemokraten sind.
Sendungshinweis:
„Tirol heute“, 16.9.2024
2019 bachte es die SPÖ unter der bundesweiten Spitzenkandidatin und Parteichefin Pamela Rendi-Wagner auf rund 21,2 Prozent. In Tirol waren es rund 13 Prozent. Auch damals kandidierte Yildirim als landesweiten Spitzenkandidatin.
Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)
Die FPÖ beschäftigte auf ihrer Wahlkampftour im Bezirk Kufstein das Thema Migration. Das Team rund um den Tiroler Spitzenkandidaten und Nationalratsabgeordneten Peter Wurm war dort mit einem mobilen Würstlstand unterwegs. Weitere Themen im Kampf um Stimmen waren Teuerung und Sicherheit.
Sendungshinweis:
„Tirol heute“, 12.9.2024
Wurm war auch 2019 bereits Tiroler Spitzenkandidat der Freiheitlichen. Damals brachten sie es im Bundesland auf rund 15 Prozent der Stimmen, österreichweit waren es rund 16 Prozent unter Spitzenkandidat Norbert Hofer.
Die Grünen – Die Grüne Alternative (GRÜNE)
Nachdem sie 2017 den Einzug in den Nationalrat nicht mehr geschafft hatten, legten die Grünen zwei Jahre später unter Werner Kogler mit einem bundesweiten Ergebnis von 13,9 Prozent wieder ordentlich zu. In Tirol fiel das Resultat mit Landesspitzenkandidatin Barbara Neßler mit 14,7 Prozent sogar noch ein bisschen besser aus. Die Grünen bildeten daraufhin eine Koalition mit der ÖVP.
Sendungshinweis:
„Tirol heute“, 21.9.2024
Beim Bauernmarkt in Hall in Tirol mischten sich die Grünen unter die Anwesenden, um Wechselwähler und Unentschlossene zu überzeugen. Darunter war auch das kandidierende Führungsduo, Barbara Neßler und Hermann Weratschnig. Beide sitzen nun seit mehreren Jahren im Nationalrat und buhlten um Stimmen.
NEOS – Die Reformkraft für dein neues Österreich (NEOS)
NEOS wählte das Tiroler Oberland für einen Zwischenstopp ihrer Wahlkampftour. In Landeck machten sie mit ihren landesweiten Spitzenkandidatinnen und -kandidaten Halt. Für die Pinken ging es am wöchentlichen Freitagsmarkt im Zentrum der Bezirkshauptstadt in die Intensivphase dieses Wahlkampfes.
Sendungshinweis:
„Tirol heute“, 20.9.2024
Vor fünf Jahren trat Johannes Margreiter als Tiroler Spitzenkandidat von NEOS an und brachte es auf rund 8,9 Prozent der Stimmen. Bundesweit schauten für die Partei unter Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger 8,1 Prozent heraus. Für heuer hofft NEOS auf einen deutlichen Zuwachs, um bei Gesprächen für eine allfällige Koalition aus drei Parteien mitmischen zu können.
Die Bierpartei (BIER)
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„Tirol heute“, 15.9.2024
Zum ersten Mal tritt die Bierpartei von Parteichef Dominik Wlazny in Tirol an. Mitte September machte er mit Landesspitzenkandidat Stefan Obkircher in Lienz Station. Die Bierpartei segelte im Wahlkampf teilweise in recht stürmischen Gewässern in Richtung Wahl: Wlazny und seine Partei sah sich aufgrund interner Vorgänge heftiger Kritik ausgesetzt. Auch beim Wahlkampf in Tirol blies ihr starker Wind entgegen. Das lag allerdings vermehrt am Wetter.
Liste GAZA – Stimmen gegen den Völkermord (GAZA)
Eine weitere Premiere auf dem Tiroler Stimmzettel für die Nationalratswahl ist die Liste Gaza. Die Bewegung entstand rund um den Konflikt zwischen Israel und dem Gaza-Streifen. Auslöser waren Proteste in den Monaten nach der Gewalteskalation am 7. Oktober 2023.
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„Tirol heute“, 28.8.2024
Inhaltlich legt die Liste Gaza einen Schwerpunkt auf Themen, die mit diesem militärischen und völkerrechtlichen Konflikt in engem Zusammenhang stehen. So spricht sich die Liste etwa klar gegen antimuslimischen Rassismus und gegen den „Kolonialismus unserer Länder“ aus. Auf Platz eins der Tiroler Landesliste kandidiert Daniela Vill. Spitzenkandidatin auf Bundesebene ist Irina Vana.
Kommunistische Partei Österreichs – KPÖ Plus (KPÖ)
Nach dem Antritt bei der Nationalratswahl im Jahr 2019 will es die Kommunistische Partei (KPÖ) auch heuer wieder wissen. In den vergangenen Jahren konnten die Kommunisten schließlich die einen oder anderen Siege auf unterschiedlichen politischen Ebenen einfachen. Zum Beispiel eroberten sie mit Elke Kahr in Graz 2021 das Amt der Bürgermeisterin.
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„Tirol heute“, 22.8.2024
Nun will die KPÖ nach mehr als 65 Jahren wieder in den Nationalrat einziehen. Vor fünf Jahren erreichte die Partei lediglich 0,7 Prozent. So verfehlte sie die erforderliche Vier-Prozent-Hürde deutlich. Auch in Tirol fiel das Ergebnis mit 0,56 Prozent zu niedrig für den Einzug ins Parlament aus. Die Tiroler Spitzenkandidatin Pia Tomedi, die auf ein anderes Verständnis von Politik setzen möchte, will heuer besser abschneiden.
MFG – Österreich Menschen – Freiheit – Grundrechte (MFG)
Eine Partei, die es bei der vorangegangenen Nationalratswahl 2019 noch gar nicht gab, ist MFG – Österreich: Menschen – Freiheit – Grundrechte (MFG). Sie gibt es erst seit der Corona-Pandemie, die ab dem Frühjahr 2020 einen radikalen Einschnitt im öffentlichen Leben darstellte. Im Zuge der Debatte um Lockdowns und Impfungen entstand die MFG als impfkritische Bewegung. So sprach sie sich vor allem auch gegen Corona-Schutzmaßnahmen im gesellschaftlichen Leben aus.
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„Tirol heute“, 13.9.2024
Im September 2021 schaffte die MFG den Einzug in den oberösterreichischen Landtag. Jetzt will sie es auch bei der Nationalratswahl wissen. Als Erster der Tiroler Landesliste kandidiert Ferdinand Hofbauer. Bei einem „Bürgerdialog“ im Gemeindesaal von Kundl (Bezirk Kufstein) gab die MFG am 12. September Einblick in ihr Programm.
Liste Madeleine Petrovic (LMP)
Eine weitere Premiere für eine Kandidatur bei der Nationalratswahl gibt es mit der Liste Madeleine Petrovic. Die ehemalige Frontfrau der Grünen – Petrovic wirkte in den 1990er Jahren zeitweise als Bundessprecherin – hatte im Mai angekündigt, mit einer eigenen, nach ihr benannten Liste antreten zu wollen. Im Wahlkampf positionierte sie sich kritisch gegenüber der Corona-Politik der vergangenen Jahren, also gegen flächendeckende Tests und Gratis-Impfungen.
Sendungshinweis:
„Tirol heute“, 30.8.2024
Am Sonntag kandidiert Martin Lang als Tiroler Spitzenkandidat. Bei einer Wahlkampftour in Innsbruck war er neben der Gründerin der Liste auf Stimmenfang unterwegs.
Keine von denen (KEINE)
Ein Wiedersehen auf dem Stimmzettel gibt es heuer mit der Liste „WANDL“ – allerdings unter einem anderen Namen. Die auch unter der Bezeichnung „Der Wandel“ bekannte Partei tritt bei der Nationalratswahl als Liste „Keine von denen“ mit der Kurzform „KEINE“ an.
Sendungshinweis:
Mit Keine von denen (KEINE) war aus terminlichen Gründen seitens der Liste keine Wahlkampfreportage möglich.
2019 konnte die Liste rund 1.450 Wählerinnen und Wähler überzeugen. Das entsprach 0,37 Prozent der Stimmen. Der Einzug in den Nationalrat lag auch beim bundesweiten Ergebnis von 0,5 Prozent in weiter Ferne. Heuer erhofft sich die Partei unter Spitzenkandidat Fayad Mulla ein besseres Ergebnis. Als Tiroler Spitzenkandidat geht Gerold Pacher ins Rennen. Aus Termingründen kam mit KEINE keine Wahlkampfreportage zustande. In der Sendung „Tirol am Wort“ kamen deren Positionen in Radio Tirol vor – mehr dazu in sound.orf.at.