Apple leidet in China unter dem Xiaomi-Syndrom
Chinas Markt hat für alle Smartphone-Hersteller oberste Priorität. Doch gerade Apple tut sich schwer. Auch, weil viele Chinesen lieber im Westen völlig unbekannte Marken wie Xiaomi oder Yulong kaufen.
In keinem Land der Welt werden mehr Smartphones verkauft als in China. Sogar die USA haben den Kampf längst verloren. Während in den Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr 139 Millionen Smartphones verkauft wurden, waren es in China bereits 354 Millionen. Doch das scheint erst der Anfang.
Für dieses Jahr sagen die Marktforscher von Canalys noch ganz andere Größen voraus: 422 Millionen Smartphones sollen die Chinesen 2014 kaufen. Die meisten von ihnen werden sich zum ersten Mal ein solches Gerät zulegen und es gegen ihr altes Handy eintauschen, das sie bislang nur zum Telefonieren nutzten.
Kaum ein Handy-Hersteller also kann China ignorieren, wenn er Ambitionen hat. Und so stürzen sich alle auf das riesige Land, um ihre Marktanteile auszubauen. Sogar iPhone-Konzern Apple hat China zur obersten Priorität gemacht. Lange Zeit hat Apple-Chef Tim Cook verhandelt, seit Anfang des Jahres verkauft nun der größte chinesische Mobilfunker China Mobile das iPhone.
Zwar ist Apple schon länger bei den Konkurrenten China Unicom und China Telecom vertreten. Doch mit China Mobile und seinen mehr als 750 Millionen Kunden klaffte eine Lücke in Apples langer Liste der iPhone-Anbieter. Im vergangenen Quartal machte sich die Notwendigkeit für den iPhone-Konzern besonders deutlich: Ausgerechnet im Heimatmarkt USA hielten sich die Käufer zurück.
Große Ambitionen
Für viele Chinesen liegt das neueste iPhone-Modell 5S mit einem Verkaufspreis von mehr als 800 Dollar jedoch jenseits der Möglichkeiten. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern werden Handys in China kaum von den Netzbetreibern subventioniert.
Käufer müssen beim Kauf den vollen Preis zahlen. Apple hatte mit seinem Plastik-iPhone 5C die Chance verstreichen lassen, in preisgünstigere Regionen vorzustoßen. Das als Billig-Modell vermarktete Smartphone kostet so viel, dass es für viele Chinesen ebenfalls unerschwinglich ist.
Diese Lücke haben andere Hersteller mit Freude gefüllt. Weltmarktführer Samsung verkauft in China Smartphones für weniger als 200 Dollar. Doch die wirklichen Aufsteiger sind chinesische Unternehmen wie Huawei und Lenovo, die es nach den Zahlen der Marktforscher von Gartner bereits auf Platz drei und vier der Liste der weltweit größten Smartphone-Hersteller geschafft haben.
Die Ambitionen der chinesischen Hersteller sind groß, wie ihr Auftritt auf dem Mobile World Congress (MWC), der weltweit bedeutendsten Mobilfunkmesse, in Barcelona zeigt. Lenovo hat erst jüngst die Übernahme des Handygeschäftes von Google verkündet.
Für 2,3 Milliarden Dollar wollen die Chinesen die Sparte einschließlich der Motorola-Marke übernehmen. Lenovo hat keinen Zweifel daran gelassen, dass dieser Deal die internationale Expansion vorantreiben soll. Motorola dürfte Lenovos Einfallstor auf dem US-Markt sein. China ist den heimischen Herstellern schon bald nicht mehr genug.
Smartphone für 130 Dollar
Der riesige chinesische Markt spült auch andere Unternehmen nach oben, deren Marken im Westen kaum bekannt sind, etwa Xiaomi, Oppo Mobile Telecommunications und Yulong. Sie haben es geschafft, sich in China eine treue Kundschaft aufzubauen.
Xiaomi hat sich dabei besonders geschickt angestellt. Die Firma, die es erst seit 2010 gibt, bindet ihre Kunden über soziale Netzwerke in die Produktgestaltung mit ein und lässt sie über Software-Funktionen abstimmen. Auf dem chinesischen Twitter-Pendant Sina Weibo hat das Unternehmen acht Millionen Follower.
Die Marke gilt in China als cool, die Smartphones werden hauptsächlich über die eigene Webseite verkauft. Das Xiaomi-Handy Red Rice mit einem 4,7-Zoll großen Touchscreen, einer Acht-Megapixel-Kamera und vier Gigabyte Speicher kostet gerade einmal 130 Dollar. Nach den Zahlen des Marktforschers IDC hat sich Xiaomi in China auf Platz sechs vorgekämpft.
Experten zufolge dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die chinesischen Hersteller den etablierten Marken in Europa und Amerika zusetzen. Unterdessen mühen sich die Konkurrenten, um auch in China mithalten zu können. Zuletzt hatte der taiwanische Handyhersteller HTC angekündigt, mit günstigeren Smartphones angreifen zu wollen.