CDU fordert eine geschlossene Unterbringung
Hamburg brauche eine Einrichtung für besonders problembelastete Jugendliche, argumentieren die Christdemokraten. Aktuell bringt die Hansestadt diese Fälle in anderen Bundesländern unter. Die CDU wagt damit einen Vorstoß, der umstritten ist.
Die Namen der Heime sind skandalumwoben. 2008 wurde mit der „Feuerbergstraße“ die einzige geschlossene Unterbringung für Jugendliche in Hamburg aufgegeben. 2013 folgte das Aus für die Heime der Haasenburg in Brandenburg, in denen Hamburg seitdem besonders problembelastete Jugendliche untergebracht hatte.
Trotz der Skandale und trotz massiver Kritik, die es grundsätzlich an freiheitsentziehenden Maßnahmen für Minderjährige gibt, fordert die CDU nun eine neue intensivpädagogische Einrichtung für besonders delinquente Jugendliche in Hamburg. Das sei nötig, um diese Jugendlichen „nicht noch weiter in einen kriminellen Strudel abrutschen zu lassen“, sagt Silke Seif, familienpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion.
Jugendliche nach Bayern geschickt
Die CDU argumentiert unter anderem mit der Zahl der Hamburger Jugendlichen die in den vergangenen drei Jahren in geschlossenen Heimen untergebracht waren. Das waren elf Fälle. Dafür wurden die Jugendlichen bis nach Bayern an die österreichische Grenze gebracht. Nur ein Fall wurde in relativer Nähe zur Hansestadt, in Eckernförde, betreut.
Intensivpädagogische Einrichtungen sind in Deutschland selten, die Plätze für eine geschlossene Unterbringung noch weniger. Nur für einen kleinen Teil der Jugendlichen, für die Richter eine geschlossene Unterbringung nach § 1613b BGB befürworten, werden auch tatsächlich Plätze gefunden. Eine geschlossene Unterbringung wird immer dann gewählt, wenn Jugendliche durch ihr Verhalten, beispielsweise indem sie Straftaten begehen, zur Gefahr für sich und andere werden – und wenn alle anderen Maßnahmen bereits gescheitert sind.
Zu wenige Plätze in Deutschland
2013 hatte der frühere Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) den Aufbau einer geschlossenen Einrichtung in Hamburg – oder aber in Kooperation mit anderen norddeutschen Bundesländern – angeregt und Verhandlungen mit Jugendhilfeträgern aufnehmen lassen. Er schätzte die Zahl der Hamburger Jugendlichen, für die eine geschlossene Unterbringung gebraucht werde, auf zehn bis 20 pro Jahr. Zustande kam eine solche nicht.
Mit dem Koalitionsvertrag von 2020 beschlossen SPD und Grüne stattdessen den Aufbau einer gemeinsamen Einrichtung von Jugendhilfe und Psychiatrie für psychisch belastete Kinder. Die Einrichtung entsteht in Groß Borstel und soll für Kinder und junge Jugendliche von neun bis 13 Jahren Plätze bieten.
Die Planungen für eine multiprofessionelle seien zwar „lobenswert, werden aber leider einer intensivpädagogischen Einrichtung nicht gerecht“, sagt Seif. Zudem sei sie kein Ersatz für ein Heim für Jugendliche. Denn sie biete keine Lösung für Jugendliche, die aktuell bereits älter als 13 Jahre alt sein, die erst mit Eintritt in die Pubertät zu Problemfällen würden oder die bereits als delinquente Jugendliche nach Hamburg kämen, etwa als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.
In der Regierung sieht man den Vorstoß der Christdemokraten kritisch. Die SPD erklärte auf Nachfrage, einen entsprechenden Antrag der CDU am Mittwoch in der Bürgerschaft abzulehnen. Man wisse um die Schwierigkeiten mancher Jugendlicher „ihren Platz im Leben zu finden“, sagte der SPD-Familienpolitiker Uwe Lohmann. „Die Unterstützung und auch Unterbringung dieser Jugendlichen im Rahmen der Jugendhilfe in Hamburg nehmen wir sehr ernst.“ Deshalb setze man auf individuell ausgerichtete Angebote und Prävention, allerdings schaffe man ganz ausdrücklich keine geschlossene Unterbringung.
Auch von den Grünen gibt es Kritik an dem Vorschlag. „Eine geschlossene Einrichtung, wiee die CDU sie fordert ist nicht das richtige Angebot für die betroffenen Jugendlichen, die oftmals komplexe Problemlagen aufweisen. sagt Britta Herrmann, Sprecherin für Familie, Kinder und Jugend der Grünen-Fraktion. Deshalb werde auch ihre Fraktion den Antrag ablehnen. Man sehe auch keine Notwendigkeit dafür.
Auch den Vorschlag der CDU, zusätzliche Plätze für delinquente Jugendliche in der geplanten multiprofessionellen Einrichtung in Großborstel zu schaffen, lehnen man ab. Bei der im Koalitionsvertrag vereinbarten Einrichtung handele es sich ausdrücklich nicht um eine geschlossene Unterbringung.