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Medizinisches 5-Sterne-Resort

Hier landen Fälle, bei denen die Schulmedizin versagt

Von Heike Blümner
Veröffentlicht am 12.01.2024Lesedauer: 6 Minuten
Das Gesundheitszentrum am Wörthersee steht für ganzheitliche Gesundheitsprävention
Allergien, Unverträglichkeiten, Migräne oder chronische Entzündungen. Wer hier herkommt, ist oft ratlos und nicht selten an seine Grenzen gestoßenQuelle: FX Mayr

Dry January, Abo im Fitnessstudio oder doch lieber gleich körperliche Grundsanierung? Am österreichischen Wörthersee liegt das „The Original FX Mayr“ Gesundheitsresort. Aus einer ursprünglich kargen Kur entwickelte man ein modernes Rundum-Konzept – mit erstaunlichen Ergebnissen. Ein Selbstversuch.

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Es sind keine riesigen Schritte für die Menschheit, aber für Kate Campbell (Name geändert). Die 52-Jährige läuft neben mir durch den Wald am südlichen Ufer des Wörthersees. Die angeleitete Wanderung gehört zum täglichen Programm und hat auch etwas von einem Schulausflug. Die Gäste beziehungsweise Patienten von „The Original FX Mayr“ in Maria Wörth in Kärnten plaudern dabei über alle Nationalitäten hinweg. Und wie zu Schulzeiten ist auch ein Verweigerer der Gruppendynamik mit dabei: Manche Leute müssen anscheinend selbst im idyllischsten Mischwald noch ihre Mitarbeiter am anderen Ende der Welt durchs Handy anbrüllen. Ob denen überhaupt geholfen werden kann?

Kate und ich unterhalten uns über alles, vom Wetter über die Weltlage bis hin zu der unweigerlichen Frage: „Warum bist du hier?“ Was sie dann erzählt, klingt mehr nach Neuem Testament als nach medizinischem Kurerfolg: Vor dreißig Jahren habe sie sich den Rücken angebrochen. Nach mehreren Operationen konnte sie nur noch am Stock und unter Schmerzen gehen. Dazu kamen Schmerzmittel, „zu viel Wein“ und die damit einhergehenden psychischen Belastungen. Nach zehn Tagen unter der Obhut der Ärzte hier könne sie zum ersten Mal wieder schmerzfrei laufen – ohne Stock. „Hätte mir das vor einer Woche jemand erzählt, hätte ich es selbst nicht geglaubt“, sagt sie. Ich auch nicht, aber es ist wirklich nicht zu übersehen.

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Die Bewegungstherapie „Beach Yoga“ bringt Körper und Geist in Einklang und regt den Stoffwechsel an
Die Bewegungstherapie „Beach Yoga“ bringt Körper und Geist in Einklang und regt den Stoffwechsel anQuelle: FX Mayr

Dass Wunder geschehen, wundert bei „The Original FX Mayr“ niemanden. Regelmäßig landen in dem medizinischen 5-Sterne-Ressort die Fälle, bei denen die Schulmedizin an ihre Grenzen stößt: Allergien und Unverträglichkeiten, Migräne, Stress, chronische Entzündungen, Darmerkrankungen oder Übergewicht sind für viele Menschen Zustände, die oft nur durch nebenwirkungsreiche Medikamente halbwegs im Griff gehalten werden können oder dem Jo-Jo-Effekt unterliegen. Wer hier herkommt, ist oft ratlos und nicht selten an seine Grenzen gestoßen. Jetzt geht es auch darum, sie zu überwinden, indem man eine Zeit lang auf einiges verzichtet und anderes dafür zulässt.

Kopfschmerzen oder Migräne?

Die Ärzte doktern nicht an Symptomen rum, vielmehr gehe es um eine „Umprogrammierung des Körpers und der Lebensweise“, so Gabriella Schnitzler, Geschäftsführerin des Hauses. „Der Fokus liegt heute auf der Individualisierung.“ Und das bedeutet: Zeit, Einfühlungsvermögen und ein maßgeschneiderter Ernährungs- und Therapieplan. Alles unterliegt dabei der Überzeugung, dass die Grundlage für Wohlbefinden in einem gesunden Darm gelegt wird.

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Dass Darmgesundheit eine zentrale Rolle bei vielen unmittelbaren und nicht unmittelbar damit zusammenhängenden Beschwerden spielt, ist heute fast schon Allgemeinwissen. Bücher darüber sind Bestseller, Pro-Biotika werden im Supermarkt verkauft. Wir wissen, was dem Darm nicht guttut: Zucker, Alkohol, Weißmehl und Fleisch zum Beispiel. Alles Dinge, auf die in der Regel auch bei klassischen Diäten verzichtet wird. Aber das FX-Mayr-Programm ist keine Diät. Gewichtsverlust ist eher eine Begleiterscheinung, nicht Ziel der Kur. Vielmehr geht es ums Großreinemachen – auf körperlicher und, dadurch angeregt, nicht selten auch auf mentaler Ebene. Anders als beim Fasten wird dabei jedoch – je nach Konstitution – in geringen Maßen gegessen.

Fasten hat viele Vorteile

„FX Mayr? Ist das nicht das mit den trockenen Brötchen?“ erreicht mich bei Anreise die Nachricht eines österreichischen Freundes. Er ist nicht der Einzige, der etwas mitleidig auf das freudlose Gebäck hinweist. Jein müsste die Antwort korrekterweise lauten. Zwar werde auch ich in der vor mir liegenden Woche täglich fladenartige Buchweizenbrötchen, auch Kautrainer genannt, idealerweise 30 Mal pro Bissen zermalmen, aber um das berühmte Centerpiece der Kur gesellen sich zahlreiche weitere wirkungsvolle Komponenten, und für die, die etwas mehr essen, eine hochklassige Gourmet-Gesundheitsküche.

Die gezielte Reinigung und Entlastung des Darms bringt den Säure-Basen-Haushalt wieder in Balance
Die gezielte Reinigung und Entlastung des Darms bringt den Säure-Basen-Haushalt wieder in BalanceQuelle: FX Mayr/Simone Attisani

Dennoch, die ersten fünf Tage heißt es auch bei mir morgens Brötchen, mittags Brötchen, abends eine klare Suppe und dazwischen Tee, Tee, Tee und Wasser, Wasser, Wasser. Wenn Einkaufen, Kochen und Essen als strukturierendes Element im Tag fehlen, wenn es bei Stress oder Langeweile als kurzfristigen Ausweg keinen Gang zum Kühlschrank gibt, macht das: schlechte Laune. Ungefähr am dritten Tag packt es jeden – ein Gefühl der Sinnlosigkeit und der Leere. Auf der Wanderung denke ich beim Passieren der Bienenkästen an Honigbrötchen, beim Reh, das über die Lichtung springt, an Wildgulasch und bei den halb verrotteten Äpfeln, die unter den Bäumen liegen, an Kompott mit Zimt.

Der Österreicher Franz Xaver Mayr erfand die nach ihm benannte Kur vor ungefähr 100 Jahren und sein Ansatz damals, mit oft wochen- oder sogar monatelangem Konsum von Semmeln und Milch sowie einem vergleichsweise stählernen Rahmenprogramm, war wesentlich herausfordernder und einseitiger als heute. Seitdem ist viel passiert beziehungsweise geforscht worden.

Medizinischen Therapien sowie intensive Detoxbehandlungen werden auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt
Medizinischen Therapien sowie intensive Detoxbehandlungen werden auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmtQuelle: FX Mayr/Simone Attisani

Der etwas sperrige Name des Hauses am Wörthersee betont bewusst seine Wurzeln, denn inzwischen gibt es zahlreiche Angebote, die auf dem Prinzip basieren. Dieses Gesundheitszentrum war jedoch das erste seiner Art und wurde in den siebziger Jahren von Erich Rauch, einem Schüler des alten Mayrs gegründet, der damit begann, dem kargen Prinzip weitere Angebote dazuzustellen. Heute praktiziert hier ein Team von Ärzten unter der Leitung von Ursula Muntean-Rock sowie verschiedenen Therapeuten, Sport- und Ernährungswissenschaftlern. Das, was hier heute geboten wird, hat also mit dem Grundprinzip von vor 100 Jahren so viel zu tun wie ein Automobil aus dieser Zeit mit einem hochklassigen Elektrowagen.

Das persönliche Programm wird zu Beginn erstellt: Einige Module wie die regelmäßig stattfindenden Arztbesuche mit Bauchmassage sowie unter anderem Massage-, Bäder- und Sporttermine gehören zum Standard. Darüber hinaus kann man vom Salzpeeling über Nasenreflexzonentherapie bis zur Kur-Begleitung durch eine Psychologin alles buchen, wonach Körper und Seele verlangt – oder auch was das Portemonnaie hergibt.

So ist man den Tag über beschäftigt – mit weniger erhebenden Tätigkeiten wie Darmentleerung durch Glaubersalz, aber auch mit wohltuenden Anwendungen und: Aufmerksamkeit. Höchst komfortable Zimmer und Seezugang – am Ende ist es der herzliche und aufmerksame Kontakt zu den Ärzten und Therapeuten, die etwas in Bewegung bringt: „Setzen Sie sich nicht zu sehr unter Druck“, sagt Ärztin Muntean-Rock. „Es reicht, wenn Sie ein oder zwei Dinge, die Sie hier gelernt haben, dauerhaft umsetzen, wenn Sie wieder zu Hause sind.“

Die meisten Suiten gibt es mit See- oder Bergblick sowie Zugang zum Spa-Bereich, Strand und Saunahaus
Die meisten Suiten gibt es mit See- oder Bergblick sowie Zugang zum Spa-Bereich, Strand und SaunahausQuelle: FX Mayr/Simone Attisani

Die meisten Gäste des Hauses bleiben dran und kommen regelmäßig wieder. Einer von ihnen ist Hans Rother (Name geändert), Anwalt aus München, 86 Jahre alt, er wirkt mindestens zehn Jahre jünger. Er kam schon vor 35 Jahren hierher, als es noch „wie in einer Jugendherberge“ zuging. „Die größte Errungenschaft war damals ein Radio, das in allen Zimmern per Lautsprecher eingespielt wurde“. Um 6.30 Uhr weckte es im Kollektiv und „um 20.30 Uhr war der Ofen aus“, erinnert er sich und lacht. Heute gibt es ein „Kissenmenü“ zur Kissenwahl, und auf Wunsch wird ein Router für Netflix im Zimmer aufgestellt.

Weniger lustig war Rothers Befund damals: schwerwiegende Gelenkentzündungen im ganzen Körper und ausgelaugt von unzähligen Cortisonbehandlungen, die alles nur noch schlimmer machten. Mehrere Wochen blieb er bei dem Mayr-Schüler Erich Rauch, „danach habe ich nie wieder etwas gehabt, und mein Heuschnupfen war auch verschwunden“. Heute schätze er auch die kultivierten Gäste und dass das Anwesen mit den 45 Zimmern und Suiten sehr privat geführt sei.

Es ist dieses Zusammenspiel aus Privatheit auf dem weitläufigen Gelände und einer Art Verschworenheit unter den Gästen, die diesen Ort besonders machen. Spannende Geschichten inklusive. Nicht zuletzt die eigene, denn auch ohne dramatische Erkrankungen fühlt man sich nach einer Woche Brötchen-Kur besser als nach einem ganzen Dry January.


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