Vegane Sneaker kommen direkt aus der Schuhhölle
Unsere Autorin macht fast jeden Hype mit und schwitzte deshalb auf ihrer Weltreise in veganen Turnschuhen aus Plastikflaschen. Ein höllisches Erlebnis - und der nächste Schuh-Trend droht bereits.
Vor mir steht eine Tube „Tattoo Bodylotion“. Hat die Kollegin hingestellt. „Für die Kolumne“, sagte sie. „Für intensive Farben“, verspricht die Packung. Schreit doch nach einem Test. Nur: Ich habe gar keine Tätowierung. Und auch die Kollegen und engen Freunde – alle blank, alle Freaks! Erst neulich überlegten meine Freundin Melli und ich, Nacktpartys (Motto: „Wirklich nackt“) zu veranstalten und Eintritt zu nehmen.
Dabei mache ich sonst jeden Hype mit. Ich habe vor ein paar Monaten sogar vegane Turnschuhe gekauft. Ehrlich gesagt nicht aus Gewissensgründen, sondern weil ich Allround-Sneaker für eine lange Reise durch mehrere Klimazonen suchte. Unsere Modefachfrau empfahl die Marke Veja als „hübsch“. So kam ich zu veganen Sneakers, total öko, made in Brasil, mit schwarzem Obermaterial aus 15 Plastikflaschen, grauen Flicken aus Wildlederimitat und einem rosa V als Logo aus 60 Prozent „wild rubber“. Klingt wild, sieht aber nach New Balance aus, nur mit einem V statt des berühmten N an der Seite.
Damit federte ich zuerst durch Japan, einem New-Balance-Land, überall N-Schuhe. „N wie Nachzügler“, dachte ich. Ich war V wie vorn. Bis der Regen dem grauen Lederimitat eine schimmelgrüne Patina verpasste. Und eine Hitzewelle die Füße in den Flaschenschuhen schwitzen und quellen ließ. V wie völlig überbelegte brasilianische Haftanstalten.
Wer Japan neu entdecken will, findet hier Reise-Inspiration
Später Richtung Südpol, in Tasmanien, war ich kurz dankbar für die gut isolierten Vejas. Sommer in den Bergen hieß dort sieben Grad, da schienen sie wie ideale Wanderschuhe. Bis ich im Hagelsturm an einem einsamen See einen jungen Mann kennenlernte. Optisch Hollywoodnachwuchs, im australischen Alltag Finanzbeamter. Und Turnschuhsammler. Kurzer Blick auf die Vejas. Dann ein mitleidiges: „Oh, retro“. Er selbst trug Nikes LunarEpic Flyknit mit superbouncy Sohle und Obermaterial, „so gemütlich wie eine Socke.“
Zurück in Berlin, probierte ich die pronto zum Geflöte der Verkäuferin: „die bequemsten Schuhe der Welt.“ Stimmt. Ich habe sie trotzdem nicht gekauft. Denn längst hat sich der Hauptstadt-Trendsetter auf Hipperes verlegt: Wanderschuhe. Tout Berlin stapft so durch den Winter. Der Trekkingschuh ist der neue Sneaker. Die Moderedakteurin hat schon ein Paar im Auge für mich: schwarz, aus (tierischem) Wildleder, von Off-White, dem Label des Kanye-West-Stylisten. Kosten fast 1000 Euro. Puh. Vielleicht doch lieber ein Tattoo.
In der Kolumne “Neue Moden“ schreiben Brenda Strohmaier und Adriano Sack im Wechsel und jede Woche in „Welt am Sonntag“ über aktuelle Phänomene des Alltags.
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