Schweden – die erste Reise
Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen
Astrid Lindgren
2014 war das Jahr, in dem alles begann. Das Jahr, in dem unsere Reisesucht ihren Anfang hat. Das Jahr, in dem wir unsere erste Tour nach Schweden planten. Doch warum genau Schweden? Ganz rational lässt es sich nicht erklären. Wir schwärmten beide schon immer irgendwie von skandinavischen Ländern. Der grenzenlosen Natur, dem milden Klima im Sommer. Und Schweden ist nicht ganz so weit weg; was für eine erste Tour gar nicht so schlecht ist. Es macht eben doch emotional einen Unterschied, ob man direkt beim ersten Mal einen riesigen Ozean überquert oder doch erst einmal in Europa startet.
2014 waren wir beide noch unerfahren, was so eine Reiseplanung angeht. Wo fängt man an? Was möchte man sehen? Wie bewegt man sich fort? Worauf muss man besonders achten? Und vor allem: Was darf der Urlaub kosten? Da wir damals beide noch studierten, war Geld definitiv ein Thema. Zum Glück waren wir beide dem Thema Campen auch sehr aufgeschlossen, weil schnell feststand, dass wir da einiges an Kohle sparen können. Dann die Anreise und die Fortbewegung. Fest stand ohnehin, dass wir vor Ort einen Mietwagen bräuchten, um von A nach B zu kommen. Bei der Anreise kam wieder das Thema Geld auf den Tisch. Die Flüge von Deutschland nach Schweden waren – zumindest für unsere damaligen Verhältnisse – ziemlich teuer und auch die Mietwagenanmietung vor Ort hat uns irgendwie ein wenig geschockt. So kam recht schnell der Gedanke auf, einen Mietwagen in Deutschland anzumieten und mit dem den langen Weg Richtung Schweden zu starten. Wir entschieden uns damals für einen Kleinwagen und gaben bereits bei der Anmietung an, die Grenzen zu Dänemark und Schweden zu überqueren. Das Beste, was uns damals passierte: Der Angestellte beim Mietwagenverleih machte uns ein großzügiges Angebot für ein Upgrade auf einen VW Passat 2.0 TDI, einen Kombi und noch dazu mit Automatikschaltung. Ein wahrer Luxus, wie sich später noch öfter herausstellen sollte. Da wir von Anfang an relativ rustikal unterwegs sein wollten, hatten wir nämlich einiges an Gepäck im Schlepptau: Ein Zelt, das wir bereits in Deutschland gekauft hatten, einen Campingkoffer, einen Campingkocher, Isomatratzen, Schlafsäcke, mehr als genug Klamotten und und und. Da wäre ein Kleinwagen wahrscheinlich schnell vollkommen überfüllt gewesen.
Wir entschieden uns bei unserer Reiseplanung, dass wir uns im Wesentlichen auf Südschweden konzentrieren wollten. Außerdem war unsere Zeit mit 10 Tagen – inklusive je einen An- und Abreisetag – ziemlich begrenzt. Wir planten eine Tour im Juli, mit angenehmen Temperaturen, hoffentlich wenig Regen und langen Tagen.
Alles in Allem fühlten wir uns also gut auf unsere Tour vorbereitet und starteten von Köln aus in Richtung Norden. Unseren ersten Halt machten wir allerdings noch nicht in Schweden, sondern auf einem Campingplatz kurz vor der dänischen Grenze. Die Strecke bis dorthin war aber auch schon lang genug und hat geschlaucht. Immerhin waren wir da schon etwa 700 km unterwegs.
Am nächsten Tag fahren wir durch Dänemark durch und überqueren die Öresundbrücke, die uns dann nach Schweden bringt. Unsere erste Übernachtung in Schweden verbringen wir auf einem Campingplatz etwas nördlich von Malmö direkt an der Ostseeküste. Nach dem Zeltaufbau nehmen wir uns etwas Zeit, um Malmö zu erkunden und besuchen den Slottsträdgården. Abends genießen wir auf eingepackten Campingstühlen einen tollen Ausblick auf die Ostsee, wo wir einige Kitesurfer beobachten.
Am darauffolgenden Tag steht der Grönåsens Elchpark auf dem Plan und klischeehaft erfreuen wir uns an dem tollen Anblick der tatsächlich riesigen Tiere. Im Anschluss machen wir noch einen Abstecher in das kleine Städtchen Växjö in der Provinz Småland.
Tag Drei in Schweden verbringen wir in Vimmerby, der Geburtstadt von Astrid Lindgren und genießen dort einen traditionellen Dagens Lunch (zu deutsch: Mittagstisch) zu einem echt tollen Preis. Das Geburtsthaus von Astrid Lindgren finden wir allerdings trotz mehrfacher Nachfrage bei Anwohnern nicht. Anders verhält es sich mit dem Hof von Michel aus Lönneberga, der ultra viel Charme hat. Wir fühlen uns wie in die Filme und Streiche versetzt. Nach diesem tollen Erlebnis machen wir einen Abstecher zur Eiche von Kvilleken und zum Norra Kvills Nationalpark. Die Eiche soll 1000 Jahre alt sein und tatsächlich ist sie irgendwie majestätisch. Den Abend lassen wir dann wieder auf einem Campingplatz ausklingen, der uns diesmal einen herrlichen, etwas gruseligen Ausblick auf das Schloss Stegeborg beschert.
Am Folgetag machen wir noch einen kurzen Abstecher nach Söderköping, bevor es für uns weiter nach Stockholm geht. Wir übernachten auf einem Campingplatz namens Bredäng Camping Stockholm, der etwas außerhalb liegt. Wir wollen ungern mit dem Auto in die Stadt rein fahren und der Campingplatz hat eine super Anbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die City. Natürlich steht die Altstadt, die Gamla Stan, auf unserem Plan. Die U-Bahnansage „Nesta, Gamla Stan“ wird uns wohl immer in Erinnerung bleiben. Das Schloss hat wenig mit einem Märchenschloss gemein, hat aber definitiv Stil und ist wirklich riesig. Der Hafen lädt zum schlendern ein.
Vom Hafen aus starten wir am nächsten Tag auch unseren Ausflug ins Schärenmeer vor Stockholm. Mit dem Bötchen geht es raus aufs Meer. Wir fahren an der Festung Vaxholm vorbei, bevor wir auf der Insel Gällnö anlegen. Auf der Insel lassen wir uns einfach treiben, wandern umher, setzen uns an die Steinklippen und beobachten andere Touristen, wandern weiter und genießen eine scheinbar unberührte Natur. Fürs Abendessen planen wir, leckere Schrimps zu essen, die direkt dort an der Küste gefangen werden. Leider haben wir kein Glück, denn die leckeren Meeresfrüchte sind bereits ausverkauft. Stattdessen begnügen wir uns mit einem überteuerten Bier (bei umgerechnet 8 Euro für einen halben Liter liegt der Preis sogar über dem Niveau des Münchener Oktoberfestes!) und ein paar gratis gereichten Snacks und Mandeln.
Am sechsten Tag wandern wir durch den Tivedens Nationalpark. Das Wetter ist leider nicht auf unserer Seite und es regnet ununterbrochen. Gut, dass wir auf alles vorbereitet sind und auch Regenklamotten im Gepäck haben. Die Wanderung führt uns durch Wälder aber auch direkt entlang des Vänernsees. Als wir durch den Nationalpark wandern haben wir irgendwie das Gefühl, nicht mehr im hier und jetzt zu sein. Alles wirkt zugewuchert, fast schon urwaldmäßig und die vielen Findlinge haben etwas urzeitmäßiges an sich. Unser Zeltlager schlagen wir auf einem Campingplatz direkt am Vänersee auf, der übrigens der größte See der EU ist.
Am nächsten Tag soll es für uns weiter nach Göteborg gehen. Dort besuchen wir den Stadtpark Slottsskogen, Göteborgs grüne Lunge. Das besondere an diesem Stadtpark: Es gibt quasi einen gratis Zoo mit Ziegen, Pferden, Elchen, aber auch mit Pinguinen und Seehunden. Hier kann man sicherlich einen netten Tagesausflug verbringen. Ganz so viel Zeit haben wir leider nicht, denn für den Abend ist der Besuch eines Fußballspiels geplant. In Göteborg entstand auch unsere Idee des Groundhoppings – also dem Versuch, in jedem Urlaub zumindest ein sportliches Event mitzunehmen. Eigentlich war es ein toller Tag, der leider etwas ungemütlich endet. Unser Zelt ist für den ruppigen Wind Skandinaviens nicht geschaffen und an diesem Abend hält es dem Druck nicht mehr Stand. Wir müssen die halbe Nacht im Auto übernachten, weil das Zelt vollkommen zerrupft ist.
Müde geht es am nächsten Tag noch nach Helsingborg und nach Lund. Lund ist eine charmante Stadt mit viel Kopfsteinpflaster und süßen und engen Gassen. Nach diesen zwei doch recht eindrucksvollen Stadtrundgängen treibt es uns wieder zum Campingplatz nördlich von Malmö, auf dem wir auch unsere erste Nacht in Schweden verbracht haben. Abermals lassen wir den Abend ausklingen, in dem wir den Kitesurfern vom Strand aus zuschauen. Schlafen müssen wir leider im Auto, unser Zelt ist ja kaputt. Bei dem Wind ist das aber vielleicht auch nicht die schlechteste Alternative. Von Malmö geht es nur noch ab nach Hause und wir freuen uns auf eine weiche Matratze!
Unser Fazit: Südschweden hat viel zu bieten; insbesondere für Naturliebhaber. Insbesondere wenn man etwas raus fährt wirkt alles irgendwie unangetastet und das Wandern dort macht eine Menge Spaß. Die Atmosphäre hat etwas Stilles und Altes inne, was uns ganz besonders gefallen hat. Stockholm ist eine tolle Stadt, die sich definitiv lohnt. Und auch das Schärenmeer ist etwas ganz besonderes. Allerdings haben wir durch diese Tour auch einiges gelernt; insbesondere dass ein straffes Programm manchmal auch zu straff sein kann. Sicherlich sind wir keine Bummeltouristen und auch bei den nachfolgenden Reisen war unser Programm immer recht voll. Schweden hat allerdings den Rahmen etwas gesprengt, insbesondere was die Wegstrecken anging. Insgesamt sind wir innerhalb von 10 Tagen etwas mehr als 4000 km gefahren; das würden wir so nicht mehr machen. Entweder würden wir das Programm kürzen oder mehr Zeit für die die Sehenswürdigkeiten einplanen. Wahrscheinlich eher letzteres, denn Südschweden hat sehr sehr viel Tolles und Sehenswürdiges zu bieten.