Entflammbar, explosiv, ätzend: Wo Gefahrenstoffe verarbeitet werden, ist Sicherheit das höchste Gebot, um Mitarbeitende und Umwelt zu schützen. BASF als weltweit größtes Chemieunternehmen dokumentiert, kontrolliert und sichert deshalb die ordnungsgemäße Entleerung von Chemikalien aus Gebinden u.a. mit detaillierten Checklisten. Der ehemals papierbasierte Vorgang sorgte für eine Fülle von abgearbeiteten Listen – was die Übersichtlichkeit der aktuellen Be- und Entladungen sowie eine Dokumentenkontrolle sehr aufwendig machte. Heute nutzt BASF in der Xemium®-Fabrik eine Checklisten-App auf Basis von Power Platform und Microsoft Teams. Der Prozess ist komplett papierfrei – und erlaubt automatisierte Dokumentenchecks und Audits.
Die Herausforderung: ein analoger, papierbasierter Prozess
Ein Kesselwagen mit 40 Kubikmetern Fassungsvermögen wird an die Eintankstation der Fabrik rangiert. Eine Anlagenfahrerin steht neben dem einfahrenden Wagen. In der Hand hält sie ein Klemmbrett und hakt Prozessschritte ab, dann unterschreibt sie. Der Kesselwagen steht bereit, wird angeschlossen. Ein weiterer Haken, noch eine Unterschrift. Sie entnimmt eine Probe, um die Ladung vor der Entleerung zu testen. Jetzt heißt es, auf das Ergebnis zu warten. Sie hakt ab, unterschreibt ein letztes Mal an diesem Tag. Dann geht die Mitarbeiterin zum Anschlagsbrett und hängt die Checkliste für die nächste Schicht neben neun weitere Listen. Ihr Kollege wird hier später übernehmen.
In der Xemium®-Fabrik von BASF ist das Alltag: Aus verschiedenen Gebinden müssen Gefahrenstoffe entleert, verarbeitet und als fertiges Produkt wieder sicher abgefüllt werden. „Laufen Gefahrstoffe aus, schadet das den Menschen und der Umwelt: Sichere, strukturierte und klar definierte Abläufe sind deshalb für uns wichtig und vom Gesetzgeber gefordert“, erklärt Torsten Tietz, Betriebsleiter bei BASF am Standort Ludwigshafen. „Diese Abläufe halten wir in bis zu zwölf Seiten langen Checklisten fest. Jeder durchgeführte Schritt wird von unseren Mitarbeitenden in den Fabriken akribisch dokumentiert, mit Unterschrift bestätigt und von einem weiteren Mitarbeitenden geprüft.“ Diese Listen sind für Unternehmen wie BASF alternativlos: Für jeden Kesselwagen, der entleert wird, fordert der Gesetzgeber per Gefahrgutrecht die Kontrolle, Dokumentation und mehrjährige Archivierung. In unzähligen Ordnern werden sie gesammelt, um dann für die Auditierung zur Verfügung zu stehen. Dieser rein papierbasierte Prozess gestaltete in der Vergangenheit Kontrollen und Audits sehr aufwendig. Schließlich muss jedes einzelne Dokument einer Stichprobe überprüft werden, um etwaige Fehler zu finden. „Wir wollten weg vom Papier – um die Abarbeitung der Checklisten zu erleichtern, eine weitere Sicherheitsebene einzuziehen und die interne sowie externe Auditierung zu vereinfachen“, betont Torsten Tietz. Aus diesem Grund konzipierte Microsoft zusammen mit dem System Integrator Campana & Schott für BASF eine Checklisten-App: auf Basis von Power Platform, Microsoft Teams und Microsoft Azure.
Die Lösung: Digitale Checklisten mit Power Apps als zusätzliche Sicherheitsbarriere
Führen Anlagenfahrer*innen heute eine Entleerung durch, verwenden sie dafür eine digitale Checkliste auf ihren mobilen Endgeräten. Die Basis für diese App bilden Power Apps und Power Automate, welche über Microsoft Teams aufgerufen werden. Dort können abgeleistete Prozessschritte direkt abgehakt werden. Erst wenn ein Schritt erledigt und grün markiert ist, wird der nächste zum Bearbeiten freigegeben – ohne Kugelschreiber oder Zettelsammlung, alles digital. Stefanie Syring-Börger, Change Managerin für Digitalisierung in der Produktion bei BASF, sieht allein darin schon einen riesigen Vorteil: „Das digitale Verfahren gibt zusätzliche Sicherheit.“ Auch bei den regelmäßigen internen und externen Audits bringt das Vorgehen künftig große Erleichterung: „Im System werden alle Checklisten automatisch sauber digital dokumentiert und in der Datenbank archiviert. Nichts kann verloren gehen und nichts kann übersehen werden“, so Stefanie Syring-Börger.
„Azure ist die Datenumgebung im Hintergrund. Von dort beziehen wir sämtliche Stammdaten, die wir für die Checklisten brauchen“, erklärt Tobias Walter Huhn. Er ist Trainee für Produktion und Digitalisierung bei BASF und hat die Checklisten-App mitentwickelt. Aushängende Listen wird es künftig nicht mehr geben. Den Zugang zu den offenen Checklisten innerhalb der App haben heute alle relevanten Schichtmitarbeiter*innen eines Betriebes, sodass auch bei Schichtwechsel flüssig weitergearbeitet werden kann. Die Nutzung der Checklisten-App sollte außerdem so intuitiv wie möglich gestaltet werden. Für den Betrieb war deswegen die Kollaborations- und Kommunikationsplattform Microsoft Teams das geeignete Vehikel. Die Checklisten lassen sich mithilfe einer dafür entwickelten Konfigurations-App schnell und sicher innerhalb des Betriebes konfigurieren und nach Freigabe in den Prozess aufnehmen. Tiefergehende Programmier-Kenntnisse sind dafür nicht notwendig.
“Digitalisierung müssen wir von den Nutzer*innen denken. Dazu brauchen wir in unseren Betrieben Lösungen, die in der Arbeitsrealität unserer Kolleg*innen ansetzen. Microsoft Teams ist Teil dieser Arbeitsrealität. Deshalb haben wir uns für die Kombination aus Power Apps und Microsoft Teams entschieden.”
Stefanie Syring-Börger, Change Managerin für Digitalisierung in der Produktion, BASF
Die Effizienzsteigerung durch die Nutzung der neuen Lösung ist beachtlich: Pro Checkliste rechnet BASF mit einer geschätzten Einsparung von mindestens fünf Minuten. Zudem verringert sich in der Revision der Listen der Zeitaufwand bis zu drei Arbeitsstunden im Monat, die dann in den Fabriken für andere wichtige Aufgaben zur Verfügung stehen. Bei mehreren hundert Checklisten pro Jahr summiert sich diese potenzielle Zeiteinsparung. Und je mehr Datenquellen in Zukunft an die App angebunden werden, desto mehr Potenziale können ausgeschöpft werden: So wird beispielsweise das Freitesten – also das Überprüfen der Inhaltsstoffe in Kesseln durch eine Probenentnahme – durch die Anbindung an das SAP-System beschleunigt. Sobald das Ergebnis vom Labor im SAP-System eingepflegt ist, erscheint es künftig auch direkt in der Checklisten-App. Ein zeitintensives Nachfassen per Anruf wird damit überflüssig.
Der Erfolg der App spricht sich innerhalb der BASF herum, sodass die Lösung nicht nur für die Xemium®-Fabrik interessant ist: Bereits in zwei weiteren Anlagen, der Tamol®-Fabrik und der sogenannten TMH-Fabrik, wird die Checklisten-App gerade eingeführt. Dann gehören auch in diesen Betrieben Klemmbrett und Kugelschreiber der Vergangenheit an – und schnelles, digitales Abhaken wird zum neuen Alltag.
“Mit der Checklisten-App auf Basis von Power Platform eliminieren wir viele, manuelle Schritte. Damit vereinfachen wir die Dokumentation der Prozesse sowie die Auditierung. Mit dieser digitalen Lösung sind wir ganz nah an unseren Betrieben und bereichern unser digitales Portfolio.”
Stefanie Syring-Börger, Change Managerin für Digitalisierung in der Produktion, BASF
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