Die Industrie erwartet von ihren Zulieferern zunehmend Einsicht in die Produktion. Das Erfassen und Teilen von Echtzeitinformationen wird fester Bestandteil von Ausschreibungen und damit zum Erfolgsfaktor für Zulieferbetriebe. Die Antwort darauf: vernetzte Fabriken. Wie das geht, zeigt FRÄNKISCHE Industrial Pipes. Der Mittelständler stellt Rohre, Zubehörteile und Systemkomponenten für die Hoch- und Tiefbaubranche sowie die Automobil- und Fertigungsindustrie her und investierte in eine vernetzte Produktion mithilfe von Azure IoT. So wird während der Herstellung kontinuierlich datenbasiert erfasst, welche Maschinen, Werkzeuge oder sogar Arbeitsplätze einen Rohstoff oder ein Einzelteil bearbeitet haben – inklusive Qualitätssicherung. Produktionsfehler werden schneller erkannt und das Qualitätsniveau der Fertigung weiter gesteigert.
Die Herausforderung: vernetzte Prozesse für eine hohe Qualität in der Produktion und der Zusammenarbeit mit den Kunden
Ob in Straßen, Gebäuden oder in Fahrzeugen – die Produkte von FRÄNKISCHE Industrial Pipes finden sich fast überall. Das Unternehmen entwickelt und produziert Rohre und Systemlösungen für das Regenwassermanagement, die Elektromobilität oder für die Kraftstoffleitung im Auto. Rund 13.000 Produkte umfasst das Portfolio aktuell. Jedes Jahr werden rund 70.000 Tonnen Kunststoffrohmaterial verarbeitet. Jedes einzelne Teil muss gesetzlich definierte Normen und hohe Qualitätsanforderungen erfüllen, damit Kabel im Auto beispielsweise vor hohen Hitzeeinwirkungen ausreichend geschützt sind und Kraftstoff oder Wischwasser nicht ungewollt austreten. Um dies zu gewährleisten, braucht es eine hohe Integration, Vernetzung und Transparenz über alle Prozesse. Nicht nur unternehmensintern, sondern auch mit den Kunden. Im Fall von FRÄNKISCHE Industrial Pipes sind das große Automobilhersteller.
„Die Fertigung automatisiert sich zunehmend. In Silos und nur für sich selbst zu arbeiten, ohne zu wissen, was das für die vor- und nachgelagerten Prozesse bedeutet – das ist bei dem Entwicklungstempo, das heute gefordert wird, nicht mehr zeitgemäß“, sagt Stefan Endorff, Director Digital Transformation Office bei FRÄNKISCHE Industrial Pipes. „Unsere Kunden benötigen definierte Lieferketten und wollen sich möglichst in Echtzeit mit uns abstimmen. Vernetzte Fabriken und Produktionsprozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden innerhalb der Automobilbranche zunehmend zum Standard.“ Im Fall eines Schadens oder Fehlers müssen Automobilhersteller beispielsweise schnell und effizient eingrenzen, ob es sich um einzelne schadhafte Teile oder Produktionsfehler in einer Charge handelt. Das geht nur, wenn sie selbstständig Ad-hoc-Analysen mit den Daten der Zulieferer durchführen können.
„Dafür sind geeignete digitale Systeme und eine hohe Vernetzung mit der gesamten Lieferkette nötig, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben“, so Stefan Endorff weiter. „Wir wollten deshalb als Vorreiter vorangehen und keine Insellösung implementieren, sondern eine hochverfügbare und sichere Plattform mit Standards, die in jeder Unternehmenssparte ohne großen Anpassungsaufwand zum Einsatz kommen kann.“ Zudem sollte die Plattform in der Lage sein, die vielen eigenentwickelten Software-Lösungen von FRÄNKISCHE Industrial Pipes für diverse vor- und nachgelagerte Prozesse, wie etwa Produktentwicklung, Kostenanalyse oder Controlling, anbinden zu können. „Die Systembrüche sollten auf ein Minimum reduziert werden, während die Mitarbeitenden weitestgehend in ihrer gewohnten Arbeitsumgebung verbleiben können. Dafür war Microsoft Azure als Platform-as-a-Service die perfekte Lösung“, erklärt Stefan Endorff. „Weil hier alle Services aufeinander aufbauen und ineinander integrierbar sind, mussten wir keine redundanten Systeme erstellen. Das gab für uns den Ausschlag.“
Die Lösung: vom Kunststoff bis zum Rohr – Azure IoT vereint alle Prozesse und Daten transparent auf einer Plattform
An sechs von 19 Standorten weltweit ist die neue Plattform-Lösung bereits im Einsatz. Hier werden alle Schritte im System digital abgebildet – von der Rohstoffbeschaffung bis zum fertigen Produkt einschließlich der vor- und nachgelagerten Prozesse wie Vertrieb oder Entwicklung. Daten von jedem Punkt des Produktlebenszyklus gehen direkt von der Maschine per Edge Device an einen Azure IoT Hub in der Cloud, wo sie in einem Azure Storage abgelegt und mittels Azure Data Factory und Azure Functions aufbereitet werden. Dazu kommen Daten mit Informationen zur Maschine, zur Charge und zum Fertigungsauftrag aus dem Manufacturing Execution System (MES), welches seine Daten wiederum aus dem Instandhaltungs- und ERP-System zieht. Am Ende werden die Informationspakete zur Weiterverarbeitung abgelegt.
So sind Produktlebenszyklus, Produktionsprozess und produktionsbegleitende Qualitätssicherungsprozesse vollständig transparent und in Echtzeit nachvollziehbar: Bereits beim Wareneingang werden Rohstoffe mit einem eindeutig identifizierbaren Barcode versehen, Verpackungen auf Beschädigungen geprüft und Gewicht, Feuchtigkeits-, Verschmutzungsgrad und Fließindexe gemessen. Während der weiteren Verarbeitung kann nun erfasst werden, welche Maschine und sogar welches Werkzeug oder welcher Arbeitsplatz den Rohstoff oder das Einzelteil bearbeitet hat. Über einen gedruckten oder gelaserten QR-Code auf den einzelnen Produktteilen können die individuellen Daten in der Plattform-Lösung und den angeschlossenen Systemen auf Chargen- und Einzelteilebene abgefragt werden. Die Qualitätskontrolle erfolgt dabei inline oder periodisch und wird durchgehend dokumentiert.
Nur wenn alle Qualitätskontrollen positiv verlaufen sind, startet der nächste Prozess. Bei der abschließenden Kamerakontrolle kommt künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz, die zuvor mit Bildern trainiert und mit Daten zu Lage, Position und Toleranzen angereichert wurde. Nach erfolgreicher Prüfung können die Kunden sofort alle Prozessschritte und erfassten Daten für jedes Teil ihres Auftrags im Online-Portal einsehen.
„Produkte bis auf die einzelne Maschine und das einzelne Werkzeug nachzuverfolgen, war früher nicht möglich“, sagt Stefan Endorff. „Bei Rückfragen oder Auffälligkeiten können wir jetzt gezielt einzelne Arbeitspositionen ansteuern, da alles automatisiert ermittelt und dokumentiert wird.“
Die Standardisierung und Vernetzung mittels Azure IoT hat das Qualitätsniveau in der Fertigung noch einmal deutlich erhöht: Durch die kontinuierliche Prüfung werden schadhafte Teile früher erkannt und aussortiert. Für die Zukunft ergeben sich daraus neue Analyse-Möglichkeiten in Richtung Predictive Maintenance: Zeigt ein Werkzeug eine erhöhte Fehlerquote, kann die IoT-Plattform auf einen möglicherweise bevorstehenden Ausfall hinweisen.
Zusätzlich minimiert der neue globale Standard Aufwände: Fachabteilungen haben fundierte Datengrundlagen für Entscheidungen in der Produktentwicklung oder Prozessoptimierung und müssen über diverse Systeme verteilte Daten nicht mehr manuell zusammentragen. Und auch die IT profitiert von der IoT-Plattform. „Wir können Kapazitäten heute einfach flexibel dazu buchen oder die Lösung skaliert automatisch. In der Vergangenheit mussten wir zusätzliche Hardware kaufen“, sagt Sabrina Pollner, Projektmanagerin Digital Transformation Office bei FRÄNKISCHE Industrial Pipes. „Mit dem PaaS-Ansatz von Azure brauchen wir für die Administration keine zusätzlichen Ressourcen mehr. Vor allem bei der IT-Security ist das ein Riesenvorteil – Azure liefert in diesem hochdynamischen Feld genau den Support, den wir brauchen.“
Zum Game-Changer für das Projekt wurde die Implementierung von Azure DevOps. Während früher jede Maschine einzeln von einem Mitarbeitenden betreut wurde, laufen jetzt rund 300 Maschinen auf der ganzen Welt online und fast automatisiert – mehrere tausend sollen es künftig werden. „DevOps ermöglicht eine für alle Beteiligten nachvollziehbare Kommunikation rund um die Uhr. Jeder Zeile Code können Projektinfos zugeordnet und in der Projektverwaltung Links zur Programmierung gesetzt werden“, berichtet Sabrina Pollner. „Wir können im System direkt Entwicklungen anstoßen, Freigaben einholen und Updates auf jede Maschine weltweit ausrollen – ganz ohne Vor-Ort-Besuch.“
Automatisierung, Vernetzung und Unterstützung durch moderne Technologien werden in der Fertigung und der Automobilindustrie weiter zunehmen, da sind sich Stefan Endorff und Sabrina Pollner sicher. So laufen bei FRÄNKISCHE Industrial Pipes schon heute einige Kontrollstationen zur Qualitätsprüfung cloudnativ. Künftig soll auch die Wertschöpfung aus den Daten ausgebaut werden, damit Produktionsfehler noch besser erkannt, Maschinen vorausschauend gewartet und die Qualität noch weiter gesteigert werden kann.
“Mit der neuen Plattform auf Basis von Microsoft Azure können wir alle Prozesse durchgehend digital abbilden und haben alle Daten integriert in einem System verfügbar. Das schafft Transparenz und Vernetzung zwischen uns und unseren Kunden.”
Stefan Endorff, Director Digital Transformation Office, FRÄNKISCHE Industrial Pipes
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