Lexikon
Gehirn
Hirn, lateinisch Cerebrum, griechisch EncephalonGehirn: Großhirn des Menschen
Gehirn: Großhirn des Menschen
© wissenmedia
Gehirne der Tiere
Schon bei niederen Tieren wie den Plattwürmern tritt ein Gehirn als örtliche Verdichtung von Nervenzellen in Kopfnähe auf (Cerebralganglion) und versorgt vor allem die Sinnesorgane. Bei den hoch entwickelten Insekten mit ihren leistungsfähigen Sinnesorganen ist bereits ein differenzierteres Gehirn ausgeprägt, das aus zwei Teilen besteht, einem Oberschlundganglion und einem Unterschlundganglion. Auch bei den Weichtieren lässt sich eine zunehmende Zentralisierung von Nervenzellen in Ganglien feststellen, die beim Gehirn der Kopffüßer mit seinen zahlreichen Assoziationszentren ihre höchste Ausprägung erreicht.
Zunehmende Zentralisierung und Differenzierung lässt sich auch bei der Gehirnentwicklung der Wirbeltiere erkennen. Zusammen mit dem Rückenmark bildet es das Zentralnervensystem. Auch wenn das Gehirn der Wirbeltiere im Einzelnen stark abgewandelt ist, besteht es doch grundsätzlich aus den drei Hauptabschnitten Vorderhirn, Mittelhirn u. Rautenhirn. Diese Abschnitte werden embryonal zunächst angelegt und teilen sich während der Embryonalentwicklung weiter auf.
Schon bei niederen Wirbeltieren entstehen aus dem Vorderhirn (Prosencephalon) das der Nase zugeordnete Endhirn (Telencephalon) und das den Augen zugeordnete Zwischenhirn (Diencephalon). Das Mittelhirn (Mesencephalon) bleibt ungegliedert erhalten. Das Rautenhirn (Rhombencephalon) gliedert sich weiter auf in das Hinterhirn (Metencephalon) mit dem Kleinhirn (Cerebellum) und der Brücke (Pons) sowie in das verlängerte Mark (Myelencephalon, Medulla oblongata), das den Übergang zum Rückenmark bildet. Mit zunehmender Höherentwicklung vergrößern sich die Teile und differenzieren sich weiter. Das Endhirn ist die Basis für die Entwicklung des Hirnmantels (Pallium), dessen weitere Entfaltung bei den Säugetieren schließlich zur Entstehung des Großhirns führt, das innerhalb der Säugetierklassen eine zunehmende Höherentwicklung erfährt, die ihren Gipfel in den Gehirnen der Menschenaffen und des Menschen erreicht.
Das menschliche Gehirn
Das Charakteristikum des menschlichen Gehirns ist das Großhirn (Endhirn), das durch Faltung der Oberfläche eine enorme Oberflächenvergrößerung erfährt und die übrigen Hirnteile überwölbt. Es ist das Zentrum für unsere geistigen und seelischen Fähigkeiten und damit für die komplexesten Gehirnleistungen. Es besteht aus zwei Hälften (Hemisphären), die durch ein dickes Bündel Nervenfasern, den Balken (Corpus callosum), miteinander verbunden sind. Die äußere Schicht, die Großhirnrinde (Cortex cerebri, kurz Cortex), ist etwa 2–5 mm dick und enthält 10–14 Milliarden in 6 Schichten gelagerte Nervenzellen (graue Substanz). Der übrige Teil des Großhirns besteht aus Nervenfasern (weiße Substanz), die die Nervenzellen mit anderen Hirnteilen verbinden.
Die Oberfläche der Großhirnhemisphären lässt sich in vier Lappen unterteilen: Stirnlappen, Scheitellappen, Hinterhauptlappen und Schläfenlappen, die wiederum Areale mit verschiedenen Funktionen enthalten.
Der Stirnlappen (Lobus frontalis) ist beim Menschen besonders stark entwickelt. Hier befinden sich Assoziationsareale sowie das sog. motorische oder Broca'sche Sprachzentrum. An der Grenze zum Scheitellappen liegt das motorische Rindenfeld, von dem aus willkürliche Bewegungen gesteuert werden. Eine Zerstörung des Stirnlappens führt zu tief greifenden Persönlichkeitsveränderungen.
Im Scheitellappen (Lobus parietalis) schließt sich das somatosensorische Rindenfeld an. Hier gehen Signale von den Tast-, Druck-, Schmerz- und Temperaturrezeptoren aus dem gesamten Körper ein. Da sämtliche Gebiete der Körperoberfläche von verschiedenen Rindenarealen repräsentiert werden, können die eingehenden Sinnesempfindungen den verschiedenen Körperregionen zugeordnet werden. Die Größe der Rindenregion entspricht der Bedeutung der von ihr gesteuerten Körperregion. So ist unseren Händen, die mit besonderer Sensibilität ausgestattet sind und die zu den komplexesten Bewegungen fähig sind, das weitaus größte Rindenareal zugeordnet.
Im Hinterhauptlappen (Lobus occipitalis) mündet der Sehnerv. Hier werden die Sinnesempfindungen der Augen zu einem bewussten Seheindruck verarbeitet und hier befindet sich ein Rindenfeld für die Speicherung der gesamten optischen Erfahrung.
Der Schläfenlappen (Lobus temporalis) beherbergt die Hörregion, in der akustische Sinneseindrücke bewusst gemacht werden. Außerdem befindet sich hier das akustische Sprachzentrum für das Worterkennen und die Worterinnerung sowie allgemein für Klang- und Geräuscherkennung. Auch das Rindenareal für Riechen ist hier lokalisiert.
Zum Großhirn zählt auch das limbische System, das für gefühlsmäßige Reaktionen von Bedeutung ist.
Das Zwischenhirn (Diencephalon) besteht aus dem Thalamus und dem Hypothalamus. Der Thalamus ist eine wichtige Schaltstelle, in der die verschiedenen von außen und aus dem Körperinneren kommenden Sinnesempfindungen emotional eingefärbt und an die entsprechenden Zentren des Großhirns zur Weiterverarbeitung geleitet werden. Unterhalb des Thalamus liegt der Hypothalamus, eines der wichtigsten Steuerzentren für die Konstanthaltung des inneren Körpermilieus. Er regelt u. a. den Wasserhaushalt, die Körpertemperatur und Stoffwechselvorgänge. Er beeinflusst Hunger und Durst und steuert das Sexual- und Fortpflanzungsverhalten. Außerdem wird von hier unsere „innere Uhr“, d. h. unser Biorhythmus gesteuert. Im Hypothalamus werden zwei wichtige Hormongruppen gebildet, die Releasinghormone, die die Produktion der Hormone des Hypophysen-Vorderlappens regulieren, sowie die Neurohypophysenhormone. Die Hypophyse (Hirnanhangdrüse) ist über einen Fortsatz mit dem Zwischenhirn verbunden.
Das Mittelhirn (Mesencephalon) erhält Impulse von den Sinnesorganen. Es ist eine Schaltstation, von der aus die sensorischen Informationen in verschiedene Regionen des Vorderhirns weitergeleitet werden.
Ihm schließt sich das Hinterhirn (Metencephalon) an mit der Brücke und dem Kleinhirn. Das verlängerte Mark (Medulla oblongata, Nachhirn, Myelencephalon) bildet den Übergang vom Gehirn zum Rückenmark. Hier liegen die wichtigsten vegetativen Schaltzentralen, das Atem- und das Kreislaufzentrum. An der Steuerung dieser vegetativen Körperfunktionen ist auch die Brücke (Pons) beteiligt. Außerdem verlaufen hier alle Nervenfasern, die Informationen von den Sinnesorganen in höhere Gehirnzentren und von dort motorische Befehle an die Muskeln senden. Da die meisten absteigenden Nervenbahnen, die Bewegungsimpulse aus dem Vorder- und Mittelhirn an die Muskeln weiterleiten, im verlängerten Mark von einer Hirnhälfte in die andere kreuzen, steuert die linke Hirnhälfte die Bewegungen der rechten Körperseite und umgekehrt. Mittelhirn, Brücke und verlängertes Mark bilden zusammen den Hirnstamm, die stammesgeschichtlich ältesten Teile des Gehirns. Das Kleinhirn (Cerebellum) ist mit der Brücke verbunden. Es enthält die Zentren der Bewegungskoordination und der Gleichgewichtsregelung und steuert die Muskelspannung.
Das Gehirn liegt geschützt in der Schädelkapsel und wird von drei Hirnhäuten umhüllt: der äußeren harten Hirnhaut (Dura mater), der mittleren Spinnwebhaut (Arachnoidea) und der inneren weichen Hirnhaut (Pia mater). Zwischen den beiden inneren Hirnhäuten befindet sich ein flüssigkeitsgefüllter Hohlraum, der mit den Hohlräumen des Rückenmarks und den vier zusammenhängenden Hirnkammern (Ventrikeln) in Verbindung steht, in denen die Gehirnrückenmarksflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) gebildet wird.
Wissenschaft
Exotisches Teilchen
Am CERN und am Fermilab wurde das lang gesuchte Odderon nachgewiesen, das ein Phänomen der stärksten Kraft im All ist. von DIRK EIDEMÜLLER Die Welt der kleinsten Teilchen ist seltsam – und die jüngste Entdeckung der Teilchenphysiker trägt diese Eigenartigkeit sogar im Namen: Zwei internationale Forschergruppen haben den Nachweis...
Wissenschaft
Auf Inseln läuft das Leben langsamer
Auf Inseln ticken die Uhren anders. Diese Redensart gilt offenbar nicht nur für Menschen, sondern auch für Vögel und Säugetiere. Denn wenn diese auf Inseln leben, haben sie eine langsamere Lebensweise als ihre Verwandten auf dem Festland, wie Biologen herausgefunden haben. Demnach ist der Stoffwechsel der Inselbewohner oft...