Wer heutzutage als Lehrer in Deutschland arbeitet, braucht ein dickes Fell. Die Schüler schnappen Parolen aus den sozialen Netzwerken auf und verbreiten sie auf dem Pausenhof – oder verwenden sie gegen ihre eigenen Lehrer, berichtete Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), am Mittwoch in München. Die Lehrer möchten jetzt mit einem Manifest mehr Respekt erreichen.
"Aggressive Sprache nicht in Ordnung"
„Diese Verrohung des Umgangs miteinander wirkt sich auch auf unsere Kinder und Jugendlichen aus“, heißt es in dem Manifest. Das kann weitreichende Folgen haben, sagte der Neurobiologe Joachim Bauer von der Uniklinik Freiburg bei der Präsentation des Schriftstücks. Was andere über einen Menschen sagen, kann ihm zufolge dessen Gehirn verändern, im schlimmsten Fall komme es zu Gewaltausbrüchen. Bauer zitierte auch eine US-Studie.
Kinderärzte haben demnach herausgefunden, dass aggressive Liedtexte bei Kindern und Jugendlichen die Gewaltbereitschaft erhöhen können. Der Wissenschaftler sagte jedoch, dass es zum Kindsein dazu gehört, über ein Ziel hinaus zu schießen – solange es einen gewissen Rahmen für das Fehlverhalten gibt und das Kind dazu lernt. „Es geht darum, ob es einen Konsens gibt, zwischen der Gesellschaft, den Schülern und Eltern. Einen Konsens, der zeigt, dass aggressive Sprache nicht in Ordnung ist.“
"Legitimation von Gewalt gestärkt"
Denn anders als Erwachsene filtern Kinder die Aussagen, die sie hören und lesen, kaum – sie imitieren aber gerne. Bestimmte Fernsehsendungen sind kritisch, sagte Bauer. Solche zum Beispiel, in denen sich die Familienmitglieder untereinander beschimpfen. „Dadurch wird die Legitimation von Gewalt gestärkt. Das geht in der Schule weiter.“
Kinder sollen laut Bauer bereits in der Kita lernen, ihre Gefühle wahrzunehmen und sie ohne Gewalt auszudrücken. Außerdem sollen Eltern auf Körperstrafen verzichten und selbst einen fairen Umgang vorleben – besonders, wenn ein Kind kritisiert wird. Lehrern riet der Wissenschaftler, die Schüler zu ihren Meinungen zu befragen. Das fördere ihre Motivation.