Lipide
FETT IST NICHT GLEICH FETT
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Im Fettgewebe Erwachsener befinden sich hauptsächlich adulte Fettzellen, auch Adipozyten genannt. Beim Betrachten fällt der farbliche Unterschied zwischen braunem und weißem Fett gleich auf: Ersteres erscheint dunkel und kompakt, während das helle Gewebe aufgrund seiner hohen Anzahl an Fetttropfen gelblich bis weiß aussieht. Grund dafür sind unter anderem die zahlreichen Mitochondrien, die in den braunen Zellen zu finden sind. Hinzu kommt, dass der weiße Adipozyt einen großen Fetttropfen enthält, die braune Zelle dagegen über viele kleine Tröpfchen verfügt, die sich im Plasma verteilen. Spricht man vom Fett im menschlichen Körper, so ist meistens das weiße Gewebe gemeint, weil dieses viel häufiger vorkommt. Man findet es bei Erwachsenen unter der Haut, am Bauch, am Gesäß und zwischen den Organen. Es schützt vor Kälte und dient der Speicherung von Energie in Form von Triglyzeriden. Bei einem hohen Energiebedarf werden die Triglyzeride gespalten (Lipolyse) und in chemische Energie, also in Adenosintriphosphat (ATP) umgewandelt. Weiße Fettzellen sind mit einem Durchmesser von 40 bis 150 Mikrometer verhältnismäßig groß, ihre Lipidvakuole nimmt 95 Prozent des Gesamtzellvolumens ein (univakuoläres Fett).
Schutz vor Übergewicht Babyspeck besteht überwiegend aus braunem Fettgewebe, welches den Organismus ebenfalls vor Kälte schützt. Der Unterschied zu den weißen Adipozyten besteht jedoch darin, dass braunes Fett unter Freisetzung von Wärme Energie verbrennt, die Wärme also direkt abgibt. Man bezeichnet den Vorgang auch als zitterfreie Wärmebildung oder adaptive Thermogenese. Bei dieser Fettart sind die Adipozyten wesentlich kleiner und enthalten entsprechend kleinere Lipidvakuolen (multivakuoläres Fett). Winzige Säugetiere und Winterschläfer behalten ihr braunes Körperfett lebenslang, weil sie hohe Wärmeverluste ausgleichen müssen. Bei größeren Säugetieren sowie beim Menschen bildet sich das dunkle Fett nach dem Neugeborenenalter deutlich zurück. Ganz verschwunden ist es jedoch auch bei Erwachsenen nicht, es sei denn, Betroffene sind stark übergewichtig – in diesem Fall liegen nur sehr geringe Mengen des stoffwechselaktiven Gewebes vor. Es gibt zwei Arten der braunen Fettdepots: Das klassische Gewebe aus dem Embryonalstadium liegt hauptsächlich zwischen den Schulterblättern, während das rekrutierbare braune Fettgewebe sich im weißen Fett sowie in der Muskulatur befindet.
Lipogenese und Lipolyse Die Hauptaufgabe der Fettzellen besteht in der Speicherung von Triglyzeriden. Die Energiespeicherung bezeichnet man als Lipogenese, während die Lipolyse der Energiebereitstellung entspricht. Beide Prozesse unterliegen einer hormonellen Steuerung. Das Hormon Insulin steigert die Glukoseaufnahme sowie die Lipogenese, dabei laufen folgende, komplexe Mechanismen ab: Die Glukoseaufnahme wird über die Translokation des Glukosetransporters Typ 4 (GLUT-4) angeregt. Es folgen die Stimulation des Enzyms Pyruvatdehydrogenase, die Reduzierung des intrazellulären zyklischen Adenosinmonophosphat (cAMP) – Spiegels (durch die Aktivierung einer cAMP- abhängigen Phosphodiesterase) sowie die Aktivierung der Lipoproteinlipase. Die Lipolyse kommt zustande, indem Kältereize zu einer Aktivierung des Sympathikus führen. Die sympathischen Nervenendigungen verlaufen im braunen Fettgewebe und setzen die Botenstoffe Adrenalin und Noradrenalin frei. Noradrenalin stimuliert die Adenylatcyclase, sodass die intrazelluläre Konzentration des cAMP steigt und die Lipolyse über verschiedene Zwischenschritte aktiviert wird.
Fettzellen als Diäthelfer Seit einiger Zeit ist bekannt, dass weiße Adipozyten sich durch Kälte in beiges Fett verwandeln. Das ist von Vorteil, weil die beigen Zellen Energie verbrauchen und zur Reduzierung von Übergewicht führen können. Für die gute Figur zu frieren ist allerdings recht unbequem, einfacher wäre es, den Prozess auf eine andere Art und Weise voranzutreiben. Professor Ajay Chawla von der Universität von Kalifornien in San Francisco fand zusammen mit seinem Forscherteam heraus, dass Frieren bestimmte Makrophagen aktiviert und diese wiederum Botenstoffe ausschütten, welche die Umwandlung des weißen in dunkleres Fett anstoßen. Wichtige Substanzen in diesem Mechanismus sind das Interleukin(II)-4 und -13, wie die Wissenschaftler in Untersuchungen an Mäusen herausfanden.
Sie injizierten übergewichtigen Versuchstieren Interleukin(II)-4 und stellten fest, dass die Mäuse trotz warmer Temperaturen an beigen Fett zunahmen und sich der Energieverbrauch entsprechend veränderte. Eine weitere Arbeitsgruppe um Professor Dr. Bruce Spiegelman und Dr. Rajesh Rao von der Harvard Medical School in Boston erforschte das Thema „Bräunung des weißen Fettes“ und entdeckte die Bedeutsamkeit des Muskelproteins PGC-1α4. Dieses beeinflusst die Abgabe des Hormons Meteorin-like (Metrnl), dessen Herstellung im Fettgewebe durch Kälte und in der Muskulatur durch Bewegung hervorgerufen wird. Metrnl scheint somit eine entscheidende Rolle bei der Bräunung der Adipozyten zu spielen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse könnten in der Zukunft dazu genutzt werden, den Energieverbrauch und somit Übergewicht pharmakologisch zu manipulieren.
AUFGABEN DES WEISSEN FETTES:
+ Stoffwechselorgan: Das Fettgewebe hat im Energiestoffwechsel aufgrund der Sekretion hormonähnlicher Stoffe eine entscheidende Funktion.
+ Isolierfett: Das Fett in der Unterhaut, also die Speckschicht, schützt vor Wärmeverlusten.
+ Speicher- und Depotfett: Energie wird in Form von Lipiden gespeichert. Dadurch kann der Mensch theoretisch bis zu 40 Tage ohne Nahrung auskommen. Bei Sportlern oder sehr schlanken Personen liegt das Depotfett bei 10 Prozent des Körpergewichtes, bei Normalgewichtigen bei 15 bis 25 Prozent. Bei Fettleibigen macht es einen Anteil bis weit über 50 Prozent aus.
+ Baufett: An verschiedenen Stellen übernimmt das Fettgewebe auch eine mechanische Schutz- und Stützfunktion (bspw. an den Wangen, am Gesäß oder an Gelenken). In Hungerperioden wird es als letzte Reserve mobilisiert.
Exkurs Unter Thermogenese versteht man die Bildung von Wärme durch Stoffwechselaktivität. Man unterscheidet zum einen den Grundumsatz, der dem Energiebedarf aller inneren Organe unter absoluten Ruhebedingungen entspricht, zum anderen die nahrungsinduzierte Thermogenese, welche als Folge der Nahrungsaufnahme und der dadurch ausgelösten Vorgänge (Resorption, Transport und Verdauung) auftritt. Die bewegungsabhängige Thermogenese, also der Arbeits- und Leistungsumsatz, verfügt ebenfalls über eine thermische Wirkung. Bei der adaptiven Thermogenese hingegen reagiert der Organismus auf veränderte Bedingungen wie etwa Kälte. Bei Erwachsenen zittert der Körper, wodurch die Muskeln den Körper erwärmen. Zellen des braunen Fettgewebes sind durch die Oxidation von Fettsäuren in der Lage, Wärme zu produzieren. Dies geschieht in zahlreichen Mitochondrien.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/17 ab Seite 98.
Martina Görz, PTA und Fachjournalistin