Vor einigen Wochen haben wir im beVegt-Podcast mit der Hobbygärtnerin Viktoria Giesen über Gemüseanbau im eigenen Garten gesprochen. Dieses tolle Gespräch hat mich dazu inspiriert, mich nach vielen Jahren mal wieder mit dem Sprossenziehen auf der Fensterbank zu beschäftigen.
Bei Viktoria klang das so einfach – und inzwischen kann ich sagen: das ist es auch! Selbst ohne einen grünen Daumen und viele Vorkenntnisse kann man leckere Sprossen züchten. Und so haben wir seit einigen Wochen immer eine Portion fertige Sprossen auf der Fensterbank oder im Kühlschrank parat.
Für mich ist es unheimlich faszinierend, dass nach nur wenigen Tagen aus den kleinen, trockenen Samen etwas Essbares entsteht, und dass für diesen „Zauber“ nur ein wenig Wasser nötig ist. Man kann den Sprossen fast beim Wachsen zuschauen, so schnell geht das!
Und das Beste: Es kann dabei gar nicht viel schief gehen. Wie du dir ab sofort deine eigenen, frischen Sprossen ziehen kannst, und was es dabei zu beachten gibt, dass erfährst du in diesem Beitrag.
Warum solltest du überhaupt Sprossen essen und wofür kannst du sie verwenden?
Sprossen werden auch als kleine „Vitalstoffbomben“ bezeichnet, denn sie stecken voller Vitamine, Mineralstoffe und sekundärer Pflanzenstoffe. Allerdings solltest du dir auch keine Wunder davon versprechen, denn seien wir mal ehrlich: Selbst wenn du regelmäßig Sprossen isst, werden sie nur einen verschwindend kleinen Anteil deiner Ernährung (und damit auch deiner Nährstoffzufuhr) ausmachen.
Für mich sind die gesundheitlichen Vorteile deshalb eher ein netter Bonus beim Sprossenkeimen. Der frische, leckere, knackige, manchmal auch scharfe oder erdige Geschmack, die schöne Optik, die sie meinen Gerichten verleihen, und das kleine gärtnerische „Erfolgserlebnis“ stehen für mich persönlich im Vordergrund.
Die Einsatzmöglichkeiten für deine selbst gezogenen Sprossen sind vielfältig. Ich garniere damit gerne belegte Brote und Sandwiches, dekoriere Salate und Suppen oder packe sie in Wraps rein.
Auch als Topping auf Rührtofu oder Hauptgerichten aller Art machen sie eine gute Figur und verleihen dem Gericht das gewisse Etwas. Das Auge isst schließlich mit! Und manchmal snacke ich zwischendurch sogar ein paar Sprossen pur – einfach weil sie so lecker sind.
Warum solltest du Sprossen selbst ziehen, statt sie fertig gekeimt zu kaufen?
In vielen Super- und Biomärkten gibt es mittlerweile fertige Sprossen zu kaufen. Das ist natürlich praktisch, weil du nicht mehrere Tage im Voraus planen musst und jederzeit Sprossen genießen kannst, selbst wenn du mal ein paar Tage nicht zu Hause warst.
Allerdings hast du bei gekauften Sprossen keine Kontrolle über die Hygiene- und Lagerbedingungen, und leider können sie mit Keimen belastet sein. Wenn du trotzdem Sprossen kaufst, begutachte sie vor dem Verzehr und wasche sie gründlich. Menschen mit geschwächtem Immunsystem wird generell davon abgeraten, gekaufte Sprossen zu verzehren.
Die gute Nachricht: Es ist wirklich kinderleicht, Sprossen selbst zu ziehen, und wenn du es einmal gemacht hast, wirst du gar keine gekauften Sprossen mehr essen wollen!
Was benötigest du, um Sprossen zu ziehen?
Alles was du zum Sprossenziehen brauchst ist ein Keimgefäß, Wasser und ein paar Tage Zeit. Es gibt spezielle Sprossengläser* zu kaufen, aber die Do-It-Yourself Variante funktioniert genau so gut: Nimm dafür ein sauberes, ausgespültes Gurkenglas, entferne den Deckel und verschließe die Öffnung mit einem ausrangierten Nylonstrumpf und einem Haushaltsgummi.
Und dann benötigst du natürlich noch ein paar Keimsprossen*. Die findest du in Gartenmärkten oder auch in gut sortierten Super- und Biomärkten sowie in Drogerien. Meine persönlichen Favoriten bisher sind Radieschen und Rettich. Auch zu empfehlen sind Rucola, Brokkoli, Bockshornklee, Mungbohnen, Senf oder Alfalfa.
Was ich praktisch finde: Es gibt auch Mischungen, so dass du dich direkt durch viele verschiedene Sorten durchprobieren kannst. Ich hatte zum Beispiel schon eine Linsen-Quinoa-Rettich-Mischung, was genau genommen sogar eine Grain-Green-Bean-Sprossenmischung ist 😉
Wie zieht man Sprossen?
Je nach Größe des verwendeten Keimgefäßes gibst du 1-2 EL Samen in das Glas und befüllst es ein paar Zentimeter hoch mit Wasser, so dass die Samen im Wasser schwimmen können. Nach etwa 4-6 Stunden gießt du das Wasser durch den Strumpf ab und stellst das Glas an einen gut temperierten Ort (ca. 20-22°C), zum Beispiel auf ein Fensterbrett.
Ab sofort spülst du die Sprossen zwei- bis maximal dreimal am Tag mit Wasser durch und lässt das Wasser jedes Mal durch den Strumpf abtropfen. Bitte achte darauf, dass die Keimlinge nicht im Wasser stehen, denn sonst kann es zu Schimmelbildung kommen.
Apropos Schimmel: Einige Sprossensorten bilden beim Keimen feine Härchen, die das ungeübte Auge schnell mit Schimmel verwechseln kann. Das betrifft zum Beispiel Rettich-, Radieschen- und Brokkolisprossen. Mit der Zeit wirst du den Unterschied erkennen.
Je nach Sorte dauert der Keimvorgang ca. 3-5 Tage. Die meisten Sorten schmecken am Anfang schärfer und werden mit jedem Tag etwas milder. Das Schöne ist, dass du schon nach einem Tag erste Erfolge siehst. Nach 5 Tagen kannst du die fertig gekeimten Sprossen in einem luftdichten Behälter im Kühlschrank aufbewahren (sofern sie bis dahin nicht schon weg sind) und so bald wie möglich verzehren.
Welche Besonderheiten gibt es beim Ziehen von Sprossen?
- Kressesamen solltest du nicht im Glas, sondern lieber auf Watte, Vlies oder auch Küchenkrepp ziehen. Kressesamen bilden zusammen mit Wasser eine schleimige Hülle, wodurch sie sich nicht so gut für das Keimen im Glas eignen.
- Du kannst sogar Kichererbsen keimen lassen, das ist wirklich faszinierend. Kichererbsen solltest du jedoch mindestens 3 Tage keimen lassen oder vor dem Verzehr kurz blanchieren, damit das enthaltene Phasin komplett abgebaut wird (das passiert bei Kichererbsen normalerweise beim üblichen Kochvorgang).
- Beim Verzehr von gekeimten Hülsenfrüchten wie Linsen oder Kichererbsen wäre ich persönlich vorsichtig und würde zu Beginn wirklich nur kleine Mengen essen. Auch wenn gekeimte Hülsenfrüchte angeblich sehr gut verträglich sein sollen, bekomme ich in Gesprächen immer wieder mitgeteilt, dass sie zum Teil gar nicht gut vertragen werden und zu Magen-Darm-Problemen führen können.
Was sind die häufigsten Fehler beim Ziehen von Sprossen ?
Jetzt weißt du bereits, was du zum Sprossenziehen alles benötigst und wie es funktioniert. Und damit auch wirklich nichts schief geht, müssen wir natürlich noch über die häufigsten Fehler sprechen.
- Du wässerst deine Sprossen zu selten. Ideal sind 2-3 mal täglich. Vergisst du deine Sprossen, trocknen sie aus und stellen den Keimvorgang ein.
- Du lässt das Wasser nicht vollständig ablaufen. Es ist normal, dass sich nach dem Ablaufen noch etwas Feuchtigkeit im Glas befindet. Es sollte aber so wenig wie möglich sein, da die Keimlinge sonst schimmeln können.
- Es ist zu warm oder zu kalt. Die ideale Temperatur für Sprossen liegt bei 20-22°C. An besonders heißen Tagen kann es sinnvoll sein, das Keimglas eventuell für einige Stunden an einen kühleren Ort als dein nach Süden ausgerichtetes Fensterbrett zu stellen.
- Du befüllst dein Glas mit zu vielen Keimen. Du wirst überrascht sein, wie schnell die Sprossen wachsen. Ist dein Glas zu voll, können die Sprossen nicht richtig wachsen. Je nach Größe deines Keimglases und der Sorte reichen 1-2 EL Samen aus. Taste dich langsam ran.
- Du versuchst dich an exotischen Sorten. Halte dich am Anfang an die Klassiker, die ich oben aufgeführt habe. Ich hatte zum Beispiel überhaupt keinen Erfolg mit Roter Bete, die anscheinend ganz besondere Anforderungen stellt.
Was ist der Unterschied zwischen Sprossen und Microgreens?
Microgreens waren in den letzten Jahren ein großer Hype und wurden vielfältig im Internet beworben. Auch wenn man denken könnte, dass Microgreens lediglich die englische Bezeichnung für Sprossen ist – nein, das ist nicht so!
Der Unterschied ist folgender: Sprossen benötigen lediglich etwas Wasser zum Keimen – oft ist nicht einmal Tageslicht notwendig. Microgreens hingegen brauchen neben Wasser und Tageslicht auch Erde oder einen anderen Nährboden.
Ich bin gespannt: Mit welchen Sprossen hast du schon gute Erfahrung gemacht? Was sind deine Favoriten? Und welche Tipps hast du noch auf Lager? Ich freue mich über deine Rückmeldung in den Kommentaren!
Ulrike Mathis
Hallo Karin,
Ich ziehe mir schon seit ein paar Jahren Microgreens auf einem Kiepenkerl Anzuchtset für Kresse. Das ist ein Set bestehend aus einer Plastikschale und einem daraufliegendem Anzuchtgitter. Ausser der beigelegten Kresse ziehe ich darauf Bockshornklee, Alfalfa, Sprossenbrokkoli, Rosenklee, Grünkohlsamen und Buchweizen sehr leicht nur mit Wasser zu Microgreens heran, die ich mir z.B. dick auf vegane Brotaufstriche packe und damit immer etwas Frisches auf der Arbeit dabei habe. Unbedingt mal ausprobieren. Ich hab 5 Schalen zum Abwechseln. Es gibt auch keine Verwechselungsgefahr mit Schimmel, weil die Wurzeln ja nach unten ins Wasser wachsen.
Katrin Schäfer
Hallo Ulrike,
das hört sich spannend an – und ist vielleicht ein Projekt fürs nächste Jahr!
Viele Grüße
Katrin
Karin Emilie
Auch ich ziehe schon seit Jahren regelmäßig Sprossen- gelegentlich auch Microgreens. Da Problem mit der Roten Bete habe ich auch, aber ich bleibe da am Ball. Ich kann unbedingt die Radieschen-Sprossen empfehlen: durch den hohen Anteil von Senfölen ist die antientzündliche Wirkung wirklich hervorragend. Wenn ich diese wirklich regelmäßig esse, sind meine rheumatischen Beschwerden viel besser. Und ich kann die Hülsenfrucht-Sprossen auch bestens empfehlen! Sie sind wirklich gut bekömmlich, wenn man die vor dem Verzehr blanchiert. Auch wenn dadurch ein paar Vitamine verloren gehen – die Ballaststoffe und der Geschmack überzeugen. Zudem sollten die Sprossen vor Bildung der ersten Blättchen geerntet werden, weil sie dann nicht bitter werden und die Sprossen nicht faserig-zäh wird.
Katrin Schäfer
Hallo Karin,
ja, die Radieschen-Sprossen liebe ich auch sehr. Rote Bete hab ich erst mal aufgegeben, das hat leider so gar nicht geklappt.
Viele Grüße
Katrin
Christa Wüthrich
Hallo Karin,
Danke für die Tipps. Mit rote Beete komme ich übrigens auch nicht klar.
Damit das Wasser gut abläuft, stelle ich das Glas kopfüber hin, leicht schräg auf den Stiel einer Holzkelle gestützt.
Liebe Grüße, Christa
Katrin Schäfer
Hallo Christa,
vielen Dank für den Tipp – und die Rote Bete stelle ich erst mal ganz hinten an. Das war ein bisschen schade.
Viele Grüße
Katrin
Ulrike
Der Beitrag hat mich motiviert endlich meinen „Sprossentoni“, den ich vor zwei Jahren geschenkt bekommen habe, einzuweihen. Ich bin sehr gespannt auf die erste Ernte.
Katrin Schäfer
Hallo Ulrike,
ja, mach das unbedingt – ich wünsche dir viel Spaß dabei!
Viele Grüße
Katrin