Teamversagen: Ist allein vielleicht besser?
Seien wir ehrlich: Teamarbeit funktioniert nur selten so richtig gut. Stattdessen wird verschwiegen, taktiert und paktiert, womöglich sogar sabotiert und intrigiert. Ein einziges Hauen und Stechen. Bei steigender Konkurrenz am Arbeitsplatz kommt es regelmäßig zu Teamversagen. Es wird nicht mit-, sondern gegeneinander gearbeitet. Frei nach dem Motto: Jeder ist sich selbst der Nächste.
Bei so viel Teamversagen stellt sich die Frage: Wird das ständige Zusammenarbeiten überschätzt? Beethoven hat seine Sinfonien schließlich ganz alleine komponiert und Schiller die Ode an die Freude ganz bestimmt nicht im Team gedichtet. Und dennoch: Ohne ein funktionierendes Team geht es oft nicht. Nicht nur beim Mannschaftssport, sondern auch im beruflichen Alltag gilt: Kein Team, kein Win. Es braucht unterschiedliches Know-how, die verschiedenen Fähigkeiten und Qualifikationen im Zusammenspiel. Einer allein kann die meisten Projekte gar nicht meistern. Ziel muss sein, das Teamversagen zu verhindern – nicht die Teamarbeit zu vermeiden.
Die Ursachen für Teamversagen
Teamversagen scheint individuell zwischen den Beteiligten zu entstehen. Doch der US-Autor Patrick Lencioni hat in seinem Buch „Die 5 Dysfunktionen eines Teams“ fünf elementare Gründe für Teamversagen herausgearbeitet. Besonders gefährlich: Diese Ursachen für Teamversagen existieren nicht einfach nebeneinander, sie verstärken sich gegenseitig. Die fünf Fehlfunktionen als Auslöser für Teamversagen sind stets aktuell. Sie lassen sich fast überall beobachten, wenn Teams bei der Zusammenarbeit Probleme haben:
1. Mangel an Vertrauen
Sobald Mitarbeiter sich verschließen und keine Nähe mehr zulassen, beginnen sie meist auch damit Fehler, Unsicherheiten und Schwächen zu verbergen. Offenheit ist somit unmöglich – und ohne sie kann auch kein gegenseitiges Vertrauen entstehen. Fehlt das gegenseitige Vertrauen, traut sich niemand, die anderen um Hilfe zu fragen. Stattdessen ist jeder damit beschäftigt, eigene Schwachstellen möglichst unsichtbar werden zu lassen, um nicht von anderen ausgenutzt zu werden.
2. Angst vor Konflikten
Will jeder im Team um jeden Preis Konflikte vermeiden, treten am Ende alle auf der Stelle. Statt engagierter Diskussionen und kontroversem Austausch, aus dem gereifte Konzepte hervorgehen, gibt es kein Feedback, keine Verbesserungsvorschläge, keine Reibungen. Harmonie ist grundsätzlich gut, doch muss ein Team auch Konflikte aushalten, um Fehlentwicklungen thematisieren zu können.
3. Fehlen von Verbindlichkeit
Wenn schon zuvor kein ehrlicher Austausch stattgefunden hat, bei dem jeder seine eigene Meinung und Idee einbringen konnte, wird sich hernach auch keiner auf die getroffenen Entscheidungen einlassen. Offene Diskussionen sind der Humus auf dem Verbindlichkeit gedeiht. Ohne diese gibt es allenfalls Gehorsam, aber kein Engagement. Vielmehr entsteht eine Antihaltung, bis die Motivation auf den Nullpunkt sinkt.
4. Mangel an Verantwortung
Auch Punkt drei führt unmittelbar zu Punkt vier: Wenn sich die Teammitglieder nicht verbindlich einigen und mit den Entscheidungen identifizieren, wird sich auch keiner für deren Umsetzung verantwortlich fühlen. Schlimmstenfalls beginnen einige sogar damit, den Beschluss zu sabotieren – nur um zu beweisen, wie schlecht er war (was ja teamtechnisch auch stimmt). Leider bieten Teams den perfekten Rahmen, um sich vor der Verantwortung zu drücken. Die anderen können es ja ebenso übernehmen. Hinzu kommt: Wer nicht an den Erfolg des Teams glaubt und den anderen nicht vertraut, hat kein Interesse daran, Verantwortung zu übernehmen.
5. Nachlässigkeit gegenüber dem Ergebnis
Fühlt sich keiner verantwortlich, werden die Ziele allenfalls nachlässig verfolgt. Statt eines gemeinsamen Ziels kümmert sich schließlich jeder nur noch um seinen eigenen Vorteil – angefangen von reinem Imagegehabe bis hin zu individuellen Bereicherung. Persönliche Ziele werden über die gemeinschaftlichen des Ziels gestellt. Mein Gehalt, meine Position, mein Ego… Alles wichtiger als der Erfolg des Teams. In jedem Fall sind das Engagement für das Produkt und die Freude an der Arbeit dahin.
Maßnahmen gegen das Teamversagen
Natürlich lassen sich diese fünf Punkte auch umdrehen und positiv formulieren, Motto: Damit Teams wieder gemeinsam handeln und engagiert an einem Strang ziehen, müssen sie…
- Vertrauen zu einander gewinnen.
- eine offene, faire Diskussionskultur etablieren.
- gemeinsame Ziele definieren.
- Verantwortung bekommen und übernehmen.
- den Erfolg absehen können und daran partizipieren.
Eine weitere Möglichkeit sind zudem gezielte Übungen zum Teambuilding. Diese stärken das Wir-Gefühl und den Zusammenhalt. Schluss mit Egoismus, hin zu einer für alle.
Hilfsbereitschaft
Man könnte sagen: Unternehmen brauchen mehr Gutmenschen im Büro. Gutmenschen in dem Sinne, dass sie anderen den Erfolg gönnen, ihnen aktiv unter die Arme greifen, sich selbst zurücknehmen. Das US-Forscherteam Jia Hu (University of Notre Dame in South Bend, Indiana) und Robert C. Liden (University of Illinois, Chicago) kam zu diesem Schluss: Wenn Mitarbeiter besonders motiviert sind, ihren Kollegen zu helfen, dann steigt der Grad an Kooperation und gleichzeitig der Teamerfolg. Das klappe am besten, wenn die zu bewältigende Aufgabe starke Interdependenz und Interaktion erfordere.
Schöner Nebeneffekt: Diese Personen bleiben ihrem Team länger erhalten, wechseln nicht so schnell den Arbeitgeber. Hier können Unternehmen und Vorgesetzte gezielt eingreifen, um dem Altruismus im Team subtil auf die Sprünge helfen. Die Forscher schlagen vor, eine Art trojanisches Pferd einzuschleusen. Also ein Teammitglied, das erkennbar darauf fokussiert ist, die anderen zu unterstützen. Das färbe ab und mache auch die anderen selbstloser.
Zuordnung
Wer gehört eigentlich alles zum Team? Als Sozialpsychologe Richard Hackman Führungskräften einmal diese Frage stellte, herrschte Uneinigkeit. Die Antworten schwankten zwischen fünf und 24 – in ein und derselben Gruppe. Unter einem Abteilungsleiter, der Sie nicht zur Mannschaft zählt, dürfte die Motivation nicht gerade in den Himmel wachsen…
Ein Experiment am Montefiore Medical Center in New York zeigt, dass klare Zuordnungen Teamversagen verhindern und die Zusammenarbeit nachweislich erfolgreicher machen. Dazu verglichen Sie zwei Teams: Eins in normaler Arbeitskleidung, eins in Trikots mit Rückennummern. Klingt kurios, hatte aber tatsächlich einen Effekt. Die Gruppe mit den Trikots schnitt deutlich besser ab, auch wurden in ihr wesentlich mehr Anweisungen gegeben. Im Büro dürfen Sie weiterhin sehr gerne auf Rückennummern verzichten. Aber das Experiment zeigt, dass klare Zuordnungen einem Team helfen – und vielleicht auch, dass Symbole Identität und Zusammenhalt stiften können.
Hintergrundmusik
Es muss keine hochkomplizierte Maßnahme sein, um Teamversagen zu verhindern. Manchmal reicht es schon, an kleinen Reglern zu drehen. Beschallen Sie Ihre Belegschaft doch zum Beispiel mal mit Musikklassikern wie Yellow Submarine, Brown Eyed Girl oder Walking on Sunshine.
Teammitglieder sind hilfsbereiter, wenn sie Gute-Laune-Musik hören. Das wollen Verhaltensforscher der Cornell University herausgefunden haben. Hören sie dagegen schwere, düstere Musik – Heavy Metal zum Beispiel – dann setzen sie eher auf die Karte Eigennutz. Im Vergleich zwischen fröhlicher Musik im Hintergrund und gar keiner Beschallung schneidet der Gute-Laune-Sound ebenfalls besser ab. Heitere Musik verbessert demnach Teamwork und Kooperation. Und ganz wichtig: Sie ist deutlich günstiger als teure Teambuilding-Maßnahmen…
Lob
Klassischerweise sollten alle Teammitglieder Wertschätzung erfahren. So fühlt sich niemand ausgegrenzt. Zudem fördert es eine Einer-für-alle-alle-für-einen-Mentalität, in der sich das Team als Ganzes betrachtet. Wissenschaftler der North Carolina State University haben jedoch in einem Experiment herausgefunden: Es kann sinnvoll sein, einzelne Mitarbeiter besonders hervorzuheben und mit zusätzlichem Lob zu belohnen.
In ihrem Experiment lobten Sie einige besonders gute Einzelperformer. Das bekamen die anderen Teilnehmer mit. Konsequenz: In den Testgruppen, in denen eine Person öffentlich auf ein Podest gehoben wurden, strengten sich die anderen nun ebenfalls mehr an. Sie eiferten dem Streber nach, orientierten sich an seiner Vorgehensweise und verbesserten sich dadurch selbst. Die Idee, einen Mitarbeiter des Monats zu benennen, ist vor diesem Hintergrund vielleicht eine Option.
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