Definition: Was ist Menschenkenntnis?
Menschenkenntnis ist die Fähigkeit, anhand des ersten Eindrucks den Charakter, die Absichten und das zukünftige Verhalten anderer Menschen korrekt zu interpretieren und zu beurteilen. Durch große Menschenkenntnis können Sie hinter die Fassade blicken, die gerne nach außen gezeigt wird. Sie lassen sich nicht blenden oder täuschen, sondern durchschauen einen Menschen. Dabei erkennen Sie sowohl positive als auch negative Eigenschaften und Intentionen.
Die Fähigkeit hilft in jeder zwischenmenschlichen Beziehung. Sie schätzen neue Kontakte sofort richtig ein, lassen sich nicht ausnutzen oder belügen, Sie können den Umgang mit toxischen Menschen vermeiden, Streitigkeiten vorbeugen oder Hilfe anbieten, wenn Sie erkennen, dass jemand diese benötigt. Fast jeder bescheinigt sich selbst eine große Menschenkenntnis – tatsächlich täuschen wir uns darin aber selbst.
Menschenkenntnis: Warum glauben wir, einen Menschen zu kennen?
Beim Kennenlernen machen wir uns innerhalb von wenigen Sekunden ein Bild vom Gegenüber. Dieser erster Eindruck ist wie in Stein gemeißelt. Man kann sich doch nicht im anderen täuschen, schließlich hat man Menschenkenntnis. Oder doch? Die Realität: Wir liegen mit unseren Einschätzungen teilweise weit daneben – und wollen den Fehler anschließend nicht wahrhaben.
Schuld daran sind unbewusste Beurteilungsfehler. Diese Prozesse im Gehirn verzerren Ihre Menschenkenntnis:
1. Bestätigungsfehler
Wir neigen dazu, nach Bestätigungen für unser erster Urteil zu suchen. Haben wir ein gutes Bild einer Person, fällt uns Positives besonders auf und wir sehen und bestätigt. Widersprüchliches Verhalten wird hingegen unbewusst ausgeblendet. Resultat: Der wahre Charakter des Gegenübers bleibt möglicherweise unerkannt, Sie sehen Ihre Menschenkenntnis aber weiterhin als besonders gut an – schließlich hat sich in Ihrer Wahrnehmung Ihr Eindruck bestätigt.
2. Rückschaufehler
„Ich hab es doch vorher gewusst…“ Haben Sie auch schon einmal gedacht? Die Wahrheit ist: Vermutlich haben Sie genau das eben nicht! Der Mensch neigt dazu, seine einstige Vorhersage anzupassen, sobald er das tatsächliche Ergebnis kennt. Entpuppt sich der neue Kontakt als riesige Nervensäge, obwohl Sie ihn anfangs mochten, kommt der Gedanke „Ich hatte doch gleich das Gefühl, dass der Typ nervt.“ Das angepasste Urteil erhält Ihre Meinung der eigenen Menschenkenntnis.
3. Attributionsfehler
Bei der Beurteilung einer anderen Person ignorieren wir äußere Umstände. Wir erklären das Verhalten nur durch Persönlichkeit, Eigenschaften und Denkweisen – nicht durch die Situation und externe Einflüsse. Ein neuer Kontakt hat keine Zeit für Sie und kann nicht einmal einen Ersatztermin nennen? Das muss ein arroganter und unfreundlicher Einzelgänger sein. Vielleicht ist er aber liebevoller Vater, der mit seiner Tochter zum Arzt muss.
Besonders gemein beim Attributionsfehler: Für die eigene Person dreht er sich um. Soll heißen: Eigenes Fehlverhalten wird regelmäßig auf äußere Umstände geschoben.
Menschenkenntnis Test: Wie gut durchschauen Sie andere?
Sie können Ihrer Einschätzung über die eigene Menschenkenntnis nicht wirklich trauen. Ist diese wirklich so gut, wie Sie glauben? Mit unserem Test können Sie es herausfinden! Beantworten Sie die folgenden Fragen – klicken Sie dafür einfach in die entsprechenden Kästchen. Anhand Ihrer meistgewählten Antwortmöglichkeit kommen Sie am Ende zur Auflösung des Tests.
Denken Sie bitte daran: Dieser Test hat keinen wissenschaftlichen Anspruch. Es geht lediglich darum, Ihnen eine Orientierung zu bieten. Viel Spaß und denken Sie daran, ehrlich zu antworten. Es steht nicht im Fokus, möglichst gut abzuschneiden, sondern zu erfahren, wie gut Ihre Menschenkenntnis ist.
Selbsttest zur Menschenkenntnis
- Da müsste ich kurz drüber nachdenken, doch nach ein paar Minuten wäre ich fertig. (A)
- Bei so etwas bin ich ganz schlecht. Das könnte dauern. (C)
- Mit dem Thema hab ich mich schon oft befasst. Kann sofort losgehen. (B)
- Ich mache mir ein Gesamtbild. Dazu gehört neben dem Gespräch auch die Körpersprache und die Kleidung. (B)
- Ich habe oft bereits vorher ein Bild durch die Informationen, die ich von anderen erhalte. (C)
- Ich höre genau zu, was gesagt wird. So kann mir nichts entgehen und ich bekomme alles mit. (A)
- Ihm scheint langweilig zu sein. Vielleicht interessiert ihn das aktuelle Thema nicht. (A)
- Er ist eindeutig nervös. Ein neuer Gesprächspartner setzt ihn scheinbar unter Druck. (B)
- Das hat nichts zu bedeuten. Er weiß nur nicht, was er mit seinen Händen anfangen soll. (C)
- Leider immer mit den Falschen. Oft sind mir diese anschließend unsympathisch. (C)
- Das ist sehr verschieden. Mal sind es spannende Gespräche, mal suche ich nach kurzer Zeit das Weite. (A)
- Ich habe eigentlich immer das Glück, auf Anhieb die richtigen Kontakte zu knüpfen. (B)
- Ja, gerade im Beruf und in meinem Sportverein komme ich fast täglich mit neuen Menschen in Kontakt. (B)
- Im Büro treffe ich natürlich meine Kollegen, sonst hält es sich in Grenzen. (A)
- Nee, ich arbeite lieber allein und habe nach Feierabend gerne meine Ruhe. (C)
1. Wie lange benötigen Sie, um drei Ihrer Stärken und Schwächen aufzulisten?
2. Worauf achten Sie zuerst, wenn Sie eine neue Person kennenlernen?
3. Ihr Gesprächspartner kann seine Hände kaum still halten und spielt sich immer wieder an den Haaren. Was bedeutet das?
4. Auf einem Event bieten sich viele Möglichkeiten. Mit welchen Menschen kommen Sie in Kontakt?
5. Wenn Sie Ihren Beruf und Ihr privates Leben beurteilen müssten: Haben Sie viel mit anderen Menschen zu tun?
Menschenkenntnis Test: Die Auflösung
Alles beantwortet und die häufigsten Antworten gezählt? Hier kommen Sie zu Ihrer Auswertung zum Test:
Die Ansätze stimmen, Ihre Menschenkenntnis muss sich aber noch weiter entwickeln. Durch weitere Erfahrung und den Blick für Details können Sie die Fähigkeit weiter ausbauen. Teilweise urteilen Sie noch zu vorschnell und deshalb falsch. Mit mehr Kontakt zu anderen Menschen und weiterer Übung wird Ihre Menschenkenntnis noch besser.
Ihre Menschenkenntnis ist sehr gut. Sie haben viel mit anderen zu tun, können diese schnell und korrekt einschätzen und dürfen auf das Urteil vertrauen. Zusätzlich zu Ihrer Erfahrung profitieren Sie von großer Empathie und lassen sich nichts vormachen. Sie erkennen, wenn etwas nicht stimmt und hinterfragen Ihre Eindrücke.
Leider ist Ihre Menschenkenntnis nicht so gut, wie Sie selbst vielleicht glauben. Sie liegen oft falsch und irren sich – auch bei Ihrem Selbstbild. Beginnen Sie mit einer besseren Einschätzung der eigenen Person und trainieren Sie anschließend durch Erfahrung und Kontakt mit anderen Menschen. Es hilft nur eins: Üben, üben, üben…
Menschenkenntnis: Kann man sie lernen?
Menschenkenntnis besteht nicht von Geburt an. Sie entwickelt sich über Jahre hinweg und kann entsprechend erlernt und trainiert werden. Besonders wichtig sind die Bezugspersonen in der Kindheit, allen voran natürlich die Eltern. Bei diesen schauen sich Kinder Verhaltensweisen, Ausdrücke, Emotionen, Mimik, Körpersprache und vieles mehr ab – und sie lernen, was diese in unterschiedlichen Situationen bedeuten.
Mit der Zeit entsteht aus den gesammelten Eindrücken Menschenkenntnis. Sie verstehen leichter, was in anderen vorgeht, Ihre Einschätzungen werden genauer und schon Kleinigkeiten beeinflussen Ihr Bild von einer anderen Person.
Ein enger Kontakt zu den Eltern stärkt die Einschätzung. Erstaunlich: Das gilt auch für das genaue Gegenteil! Kinder, die nur wenig Zeit mit den Eltern verbringen oder eine schlechte Beziehung haben, zeigen ein hohes Maß an Menschenkenntnis. Erklärung von Experten: Für diese Kinder ist es umso wichtiger, schon kleinste Veränderungen zu bemerken und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.
Menschenkenntnis trainieren: 4 Tipps
Es gibt keinen Aufgabenkatalog, den Sie abarbeiten können, um anschließend über Menschenkenntnis zu verfügen. Vielmehr ist es das Ergebnis einen langen Prozesses, für den vor allem persönliche Erfahrungen mit anderen Menschen nötig sind. Trotzdem können Sie Menschenkenntnis trainieren. Diese vier Tipps helfen dabei:
- Selbstbild machen
Bevor Sie daran gehen, andere Menschen einzuschätzen, sollten Sie zunächst die Kenntnisse über Ihre eigene Person festigen. Was sind Ihre Stärken und Schwächen? Wie wirken Sie nach außen? Nur mit einem gefestigten Selbstbild können Sie Ihre Menschenkenntnis auch auf andere Personen anwenden. - Körpersprache lesen
Der Großteil der zwischenmenschlichen Kommunikation läuft nicht über Worte, sondern über nonverbale Signale. Für eine gute Menschenkenntnis ist es daher unerlässlich, die Körpersprache Ihres Gegenübers zu verstehen. Dazu gehören beispielsweise die Haltung, Mimik, Gestik oder der Blickkontakt. - Wortwahl verstehen
Nachdem Sie sich mit der Körpersprache auseinandergesetzt haben, können Sie sich genauer mit dem Inhalt beschäftigen. Argumentiert Ihr Gesprächspartner beispielsweise auf einer sehr sachlichen Ebene oder konzentriert er sich auf emotionale Aspekte? Je mehr Informationen Sie aufnehmen, desto konkreter wird Ihr Bild. - Fehler vermeiden
Sie kennen nun die oben angesprochenen Fehler, die häufig gemacht werden. Das kann Ihnen dabei helfen, genau diese zu vermeiden. Beziehen Sie die aktuelle Situation und das Umfeld mit in Ihre Einschätzung ein und hinterfragen Sie, ob Ihr anfänglicher Eindruck auch auf Dauer noch korrekt ist.
Menschenkenntnis: Warum täuschen wir uns trotzdem in anderen?
Sie haben eine gute Menschenkenntnis, trainieren diese sogar weiter und haben das Gefühl, dass Ihnen niemand etwas vormachen kann. Zu sehr sollten Sie sich darauf allerdings nicht verlassen. Selbst eine ausgeprägte Menschenkenntnis schützt Sie nicht davor, von anderen getäuscht zu werden. Gerade bei den Menschen im direkten Umfeld, die wir vermeintlich besonders gut kennen, versagt unsere Menschenkenntnis oftmals.
Der Partner, gute Freunde oder auch Kollegen, mit denen Sie jeden Tag zu tun haben. Je näher Sie einer Person stehen, desto größer die Chancen, dass Sie eben nicht auf Ihre Menschenkenntnis achten. Sie merken gar nicht, mit wem Sie es wirklich zu tun haben, weil Sie glauben, denjenigen so gut zu kennen. Bei solch nahestehenden Menschen wollen Sie negative Dinge nicht wahrhaben und wahrnehmen. Sie halten am positiven Bild fest, neue Eindrücke werden ignoriert und nicht hinterfragt. Es ist der oben bereits beschriebene Bestätigungsfehler, durch den wir an der Nase herumgeführt werden.
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